Einige Kantone wollen, dass das Covid-Zertifikat auch im Gastgewerbe zur Pflicht wird. Der Bundesrat schickte die Idee am Mittwoch in die Vernehmslassung. Beim Wirteverband Gastrosuisse stösst das Anliegen auf wenig Gegenliebe. Eine Zertifikatspflicht diskriminiere und spalte die Gesellschaft, so der Grundtenor. Gastrosuisse zeigte sich überzeugt davon, dass die Branche durch eine Zertifikatspflicht «massive Umsatzeinbussen» erleiden werde.

Aus touristischer Perspektive sei die Erweiterung des Geltungsbereichs für das Covid-Zertifikat nachvollziehbar, wenn so eine Überlastung der Spitäler verhindert werden könne, heisst es derweil von Seiten HotellerieSuisse. «Strengere Schutzmassnahmen bis hin zu einem weiteren Lockdown sowie Einschränkungen bei der Reisefreiheit müssen unbedingt verhindert werden», sagt Verbandspräsident Andreas Züllig.

HotellerieSuisse stellt sich ausserdem auf den Standpunkt, die Ausdehnung der Zertifikatspflicht müsse zwingend befristet und nur bei absoluter Notwendigkeit eingeführt werden. Der Hotelverband begrüsst es, dass Gäste, die im Hotel ausschliesslich übernachten von der Zertifikatspflicht ausgenommen wären. 

Für ein Kaffe lässt sich niemand testen
Rund 40 bis 50 Prozent der Bevölkerung wären durch eine Zertifikatspflicht für die Innengastronomie von einem wichtigen Teil des gesellschaftlichen Lebens ausgegrenzt, begründet Gastrosuisse die eigene ablehnende Haltung. Im Gastgewerbe kehren täglich 2,5 Millionen Menschen ein. «Kaum jemand wird sich für den Genuss eines Kaffees oder eines Feierabendbieres in einem Restaurant testen lassen. Die verfügbaren Testkapazitäten würden auch gar nicht ausreichen», so Gastrosuisse-Präsident Casimir Platzer. In Frankreich etwa seien die Umsätze seit der Zertifikatspflicht in vielen Betrieben bis zu 40 Prozent gesunken.[RELATED]

Um die negativen Effekte eines Zertifikatsobligatoriums zu mindern, fordert HotellerieSuisse: «Dann müssen zwangsläufig kostenlose Tests über den 1. Oktober hinaus zur Verfügung gestellt werden und der heutige Entscheid [des Bundesrats] ist zurückzunehmen.» Weiter sollen Schutzmassnahmen für Dienstleistungen im Hotel, die neu unter die Zertifikatspflicht fallen (Restaurant, Wellness etc.) – wie vom Bundesrat vorgeschlagen – wegfallen. 

Vergleich mit Skigebieten
Gänzlich unverständlich ist für Gastrosuisse, weshalb die Massnahmen erneut primär aufs Gastgewerbe abzielen. «Statistiken zeigen, dass es in Restaurants, wo sitzend konsumiert wird und die Abstände eingehalten werden, seit der Wiedereröffnung kaum Ansteckungen gab», sagt Platzer. Viele Ansteckungen seien durch Ferienrückkehrer importiert worden. Trotzdem solle nun wieder das Gastgewerbe den Kopf hinhalten.

Aus epidemiologischer Sicht werde die Zertifikatspflicht keine Wirkung zeigen, meint Platzer und betont: «Bei einer Zertifikatspflicht nehmen die Treffen und Zusammenkünfte in den privaten Räumen wieder deutlich zu. Dort gibt es im Gegensatz zum Gastgewerbe aber keine Schutzkonzepte.»

«Nur weil die umliegenden Länder diese unnütze und diskriminierende Zertifikatspflicht eingeführt haben, heisst das noch lange nicht, dass wir die gleichen Fehler machen müssen», sagt Platzer und verweist auf die Wintersaison: «Wir waren das einzige Land in Mitteleuropa mit offenen Skigebieten und passiert ist nichts.» (htr/stü)