2023 war ein Rekordjahr im Schweizer Tourismus. Gratulation, da wurde viel gute Arbeit geleistet, und dies trotz Fachkräftemangel. Alles spricht von Nachwuchsförderung – doch es geschieht wenig. «The war for talents» ist in vollem Gange. Was tun Sie konkret für den touristischen Nachwuchs?

Als Höhere Fachschule für Tourismus in Thun bilden wir jährlich rund 25 junge, vielversprechende Talente zu dipl. Tourismusfachleuten HF aus. Die integrierte Praxistätigkeit umfasst dabei in der Regel ein 60-Prozent-Pensum während zweier Jahre. Neueste Entwicklungen und Tendenzen wie Design-Thinking, Social-Media-Management, Visualisierungsworkshop, Smart-Movie-Making, MICE, Medienarbeit, Methodenvielfalt für Problemlösungen, KI im Tourismus und vieles mehr werden laufend vermittelt.

Zurück am Arbeitsplatz, interessiert das offensichtlich niemanden, im Gegenteil. Was bekommen Studierende zu hören? Seitens Arbeitgeber werden entweder zu viele Abwesenheiten beklagt oder der Sinn dieser Weiterbildung infrage gestellt. Es fehlt an konkreten Praxisfällen für Studierende aus ihrem Alltag, weil Vorgesetzte weder Zeit und Kenntnisse haben noch Interesse zeigen. Junge Quereinsteiger haben Mühe, im Tourismus Fuss zu fassen. «Keine Erfahrung» oder «keine Zeit für die Betreuung» heisst es jeweils. Wie sollen sie Erfahrung mitbringen, wenn ihnen genau diese verwehrt wird? Sieht so gelebte Nachwuchsförderung aus?

Lernende zu beschäftigen, ist lobenswert, greift aber zu kurz
Und doch, es gibt sie, die Vorzeigearbeitgeber, welche sich ganz bewusst die Nachwuchsförderung nicht bloss aufs Logo geschrieben haben, sondern sie konkret leben. Gerne erwähne ich hier stellvertretend für die Regionen Bern/Berner Oberland/Wallis die Hauenstein-Hotels, welche dieses Jahr in einer Klasse gleich vier (!) Studierende vom Hotel Deltapark stellen und sich intern entsprechend organisieren mussten.

Auch Jungfrau Region Tourismus beschäftigt jährlich Studierende in seinen Resorts, Bern Welcome, Zermatt Tourismus und Thun-Thunersee Tourismus ebenso. Niesenbahn, Niederhornbahn, BLS, Jungfraubahnen, Schweizer Wanderwege, Outdoor Switzerland dito. Wo bleiben andere namhafte Destinationen und Tourismus-Player? Die Erklärung, bereits Lernende zu beschäftigen, ist lobenswert, greift aber zu kurz.

Nachwuchsförderung konkret und jetzt – mittels 5-Punkte-Checkliste für Arbeitgeber gelingt sie:

  1. Alle zwei Jahre einen Ausbildungsplatz für Tourismus-Studierende anbieten.
  2. Übersicht gewinnen, wann welche Inhalte und Fächer in der Schule behandelt werden.
  3. Regelmässiger betriebsinterner Austausch –welche Erkenntnisse aus dem Unterricht können im Betrieb umgesetzt werden?
  4. Explizites Anbieten von Praxisfällen von Studierenden für den Unterricht.
  5. Übergabe von Verantwortung an Studierende, z. B. Social Media, Videoproduktion, Prozessvisualisierung, Customer Journey für Marketingkonzept, neue Produkte für neue Zielgruppen.

Danke an alle, die sich für den Nachwuchs im Tourismus engagieren. Mut denjenigen, welche es jetzt angehen. Es ist Zeit zu handeln. Wir haben es selbst in der Hand, unseren Nachwuchs auszubilden und ihm Sorge zu tragen. Ansonsten riskieren wir, den «war for talents» für lange Zeit zu verlieren. «Game over» gilt es zu vermeiden.

Stefan Otz ist Direktor und Inhaber der Höheren Fachschule für Tourismus TFBO in Thun.