Ein Entspannungskick muss her. Ein Bad und eine Massage im Wellnesstempel reichen nicht mehr. Statt meditativer Hintergrundmusik, künstlich erzeugtem Raumduft oder entschlackendem Aufguss sucht der alltagsgestresste Gast nach neuen Erholungsmöglichkeiten. Vermehrt findet er sie in der Natur. «Nature Spa» nennt sich der neue Wellnesstrend. Regionalität und Nachhaltigkeit überwiegen auch hier. Mit einem herkömmlichen Waldspaziergang hat Nature Spa aber nichts gemein. Vielmehr ist es ein gelungener Mix aus Extravaganz, Action und dem über alles waltenden Gebot der Stunde: ein gewisses Mass an Fotogenität.

Im Einklang mit der Natur
Die Finnen sind schon lange auf den Geschmack gekommen. Eine Sauna am Waldrand, gefolgt vom Eisbad im kalten Fjord – Nature Spa in seiner Urform. Das «Wer hats erfunden?» erübrigt sich dieses Mal. Doch hinkt die Schweiz in Sachen Nature-Spa-Angeboten nicht hinterher. Dank kreativen Touristikern ist das passende Angebot auf Lager. Vergangenen Herbst suchte Schweiz Tourismus (ST) «die einzigartigsten, exklusivsten Wellnesserlebnisse in der Schweizer Natur». 132 Anbieter folgten dem Aufruf. «Sie sind so unterschiedlich wie die Schweizer Tourismuslandschaft selbst. Vom kleinen Bauernhof über Hotels von internationaler Strahlkraft bis zu kleinen Einzelunternehmen ist alles vertreten», sagt ST-Mediensprecher Julian Thorner.

50 Nature-Spa-Erlebnisse in der Schweiz schafften es in die Herbstkampagne auf MySwitzerland.com. Darunter ein Saunaboot auf dem Vierwaldstättersee, Eisbaden in Arosa GR oder eine sommerliche Weintherapie im Lavaux VD. Alle Erlebnisse gehen schonend mit Natur und Ressourcen um, die Natur wird nah und ursprünglich erlebt, und die Angebote generieren lokale wie regionale Wertschöpfung.

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Das gewisse Etwas
«Gäste suchen nach speziellen und exklusiven Erlebnissen. 08/15 reicht heute nicht mehr», sagt Andrea Hottinger. Die Berner Oberländer Bootsbauerin stieg 2020 ins Nature-Spa-Business ein. Seither vermietet sie auf dem Brienzersee zwei Hot Tugs. Die schwimmenden Hot Tubs sind mit 38 Grad warmem Wasser gefüllt und können von bis zu sechs Gästen ohne Bootsprüfung per Elektromotor manövriert werden. Die Hot Tugs stammen aus den Niederlanden. In der Schweiz ist das Angebot einmalig. Zwei Jahre nach der Jungfernfahrt ist es bei Gästen aus dem In- und Ausland beliebt.

Social Media bringt Erfolg
Anfangs hätten nur wenige an ihr Produkt geglaubt, sagt Hottinger. Auch bei Interlaken Tourismus sei sie zuerst abgeblitzt. Die erste Marketingkampagne entstand in Eigenregie. Hottinger putzte viele Klinken und warb bei Hotels in der Umgebung. «Wäre den Touristikern bewusst gewesen, welchen Hype die Hot Tugs auslösen werden, wäre die Unterstützung von Anfang an grösser gewesen.»

Entscheidend waren schliesslich die sozialen Medien. Ein Hot-Tug-Clip erreichte auf Tiktok über eine Million Klicks. Seither zieren die Hot Tugs auch die Prospekte der Region. Nachahmern rät Hottinger: «Innovation braucht Überzeugungsarbeit und Durchhaltewille. Social-Media- Marketing ist das A und O.»