Gemäss Suchtmonitoring 2016 haben etwa 15 Prozent der Schweizer Bevölkerung mindestens schon einmal eine E-Zigarette probiert. Mit zunehmender Verbreitung dürfte das «Dampfen» auch zum Thema für Hotellerie und Gastronomie werden. Rechtlich befinden sich E-Zigaretten aktuell noch in einer Grauzone. Sie fallen in den Geltungsbereich des Schweizer Lebensmittelrechts und werden als ­Gebrauchgegenstände betrachtet. Durch das Bundesgesetz zum Schutz vor Passivrauchen, das Rauchen in öffentlichen Räumen untersagt, werden sie nicht erfasst. Es darf also – theoretisch – nach Lust und Laune gedampft werden im Foyer oder im Restaurant. Die Gesetzeslücke soll sich aber schliessen. Ende November 2018 überwies der Bundesrat die Botschaft zum Bundesgesetz für Tabakprodukte und E-Zigaretten (E-TabPG oder kurz TabPG) ans Parlament.

E-Zigaretten: Neues Gesetz soll «Dampfen» einschränken «Elektronische Zigaretten», kurz E-Zigaretten, bestehen aus Mundstück, Akku, elektrischem Verdampfer und Patrone. In der Patrone lagert eine aromatisierte Flüssigkeit, genannt Liquid. Es gibt sie mit und ohne Nikotin. Beim Ziehen am Mundstück werden die Liquids erhitzt oder vernebelt und dann inhaliert. 
Das neue Bundesgesetz für Tabakprodukte und E-Zigaretten (TabPG) soll neu auch vor E-Zigaretten mit oder ohne Nikotin schützen und würde diese dem Gesetz zum Schutz vor Passivrauchen unterstellen: Rauchen in Restaurant und Hotel wäre dann verboten. Gemäss politischem Fahrplan soll das Gesetz 2022 in Kraft treten (siehe Haupttext).
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Es ist der zweite Entwurf, nachdem der erste im Jahr 2016 zurückge­wiesen wor­den war. Das E-TabPG soll Menschen nicht mehr nur 
vor schädlichen Tabakprodukten schützen, sondern neu auch vor E-Zigaretten mit oder ohne Nikotin und Tabakprodukten zum Erhitzen: Der Konsum solcher Produkte untersteht dann ebenfalls dem Gesetz zum Schutz vor Passivrauchen. «Mit Inkrafttreten des Gesetzes wird die Verwendung von E-Zigaretten in öffentlichen Räumen mit Rauchverbot untersagt», so Adri­en Kay, Mediensprecher Bundesamt für Gesundheit. Eine komplette Gleichbehandlung von Zigarette und E-Zigarette liegt aber auch dann nicht vor. Kay spricht von einer «differenzierten Regelung». Es gebe Unterschiede bei den Warnhinweisen, die bei Zigaretten grösser ausfallen. Zudem werden E-Zigaretten nicht besteuert.

Der weitere E-TabPG-Fahrplan: Ende 2020 findet voraussichtlich die Schlussabstimmung im Parlament statt, Anfang 2021 soll die Anpassung der Übergangsfrist im Lebensmittelgesetz erfolgen, im gleichen Jahr werden noch die Durchführungsverordnungen erarbeitet, und Mitte 2022 steht die Inkraftsetzung des Gesetzes an. Wenn alles glatt läuft, denn gerade aus Wirtschaftskreisen weht Ge­genwind (siehe unten).

Praxis: Zwischen E- und regulären Zigaretten wird nicht unterschieden
Wie gehen Hotels und Restaurants nun mit dem Thema um, bis das neue Gesetz steht? In allen Restaurants der Sorell Hotels gibt es, wie gesetzlich vorgeschrieben, ein Rauchverbot. Wo immer möglich wird den Gästen im Aussenbereich eine Möglichkeit zumRauchen angeboten. «Wir unterscheiden dabei nicht zwischen E-Zigaretten und regulären Zigaretten», so Thomas Kleber, Chief Operating Officer Sorell Hotels. Dass auch E-Zigaretten drinnen nicht erlaubt sind, habe mit dem Respekt vor den Nichtrauchern zu tun. Die Regelung gilt für alle 18 Sorell-Häuser. Da das Rauchen grundsätzlich verboten ist, muss das nicht explizit kommuniziert werden.

Die Anzahl Raucher von E-Zigaretten nimmt leicht zu, beobachtet Kleber, aber sie halten sich an die für Raucher aufgestellten Regeln. Da im Innenbereich weder geraucht noch gedampft wird, fühlt sich auch niemand gestört. Kleber ist bei seinen Hotels kein Fall bekannt, bei dem ein E-Zigaretten-Raucher darauf bestanden hat, im Restaurant zu dampfen.

Für Thomas Kleber ist es deshalb auch nicht nötig, E-Zigaretten im öffentlichen Raum und damit auch in Restaurants und Hotels grundsätzlich zu verbieten. Denn die Dampfer hielten sich ohne Diskussionen an die Vorgaben des Betriebes. E-Zigaretten-Dampf kann während einem Essen aber durchaus unangenehm sein. Denn es gibt die E-Zigaretten in verschiedenen Geschmacksrichtungen. «Die könnten die anderen Gäste stören. Wenn zum Beispiel während des Verzehrs eines Fleischgerichts ein Melonenduft durch den Raum weht.»

Gesundheit: Welche Gefährdung von E-Zigaretten ausgeht, ist noch unklar
Die Gesundheitsgefährdung, die von E-Zigaretten ausgeht, ist nicht geklärt. In der Bundesratsbotschaft vom November zum geplanten Bundesgesetz für Tabakprodukte und E-Zigaretten (E-TabPG) hiess es: «Zu den schädlichen Auswirkungen von Tabakprodukten zum Erhitzen und E-Zigaretten liegen bislang noch kaum Erkenntnisse vor. Ihre Emissionen gelten zwar als weniger schädlich als jene herkömmlicher Zigaretten, doch gleichzeitig sind sie anerkanntermassen nicht harmlos, da ihre Emissionen toxische Stoffe, von denen einige krebserregend sind, enthalten. Deshalb möchte der Bundesrat Dritte vor den Emissionen dieser Produkte schützen.»
Die Akademien der Wissenschaften Schweiz haben Ende März 2019 eine Stellungnahme zum E-TabPG veröffentlicht. Sie fordern eine Überarbeitung des Entwurfs, da dieser eine Ratifizierung der internationalen Konvention zur Kontrolle von Tabakprodukten nicht zulasse. Nötig seien auch weitere und unabhängige wissenschaftliche Studien, um die Auswirkung der E-Zigarette auf die Gesundheit verlässlich abschätzen zu können. Auch die Lungenliga rät vom Konsum ab. (alm)

«Einmal hat jemand einfach losgedampft»
Auch im Restaurant Haus zum Rüden in Zürich darf nicht gedampft werden. «Gegenüber den anderen Gäste ist es korrekt, es zu verbieten», meint Inhaber Giovanni Pecoraro. «Sie würden sich dadurch gestört fühlen, zumal der Dampfausstoss sehr hoch ist.» Das Verbot wird «nett, höflich, aber bestimmt» kommuniziert. Das übernimmt immer der Chef persönlich. Bisher kam es eher selten vor, dass Gäste dampfen wollten. «Bis jetzt sind wir erst zweimal gefragt worden. Einmal hat jemand einfach losgedampft.» Im Gegensatz zu Kleber vertritt Pecoraro die Meinung, E-Zigaretten müssten genauso dem Gesetz zum Schutz vor Passivrauch unterstellt sein. Nicht nur weil es andere Personen im Raum stört, sondern auch, weil das Dampfen gesundheitsschädlich ist.

«Bis anhin wurden wir mit dem Thema E-Zigaretten in unseren Restaurationen noch kein einziges Mal konfrontiert», sagt Roger Jutzi, Direktor vom Hotel Krone Unterstrass in Zürich. Glücklicherweise dränge sich die Frage, wie damit umzugehen ist, bisher nicht auf. «Wir können aber feststellen, dass unsere Kunden sehr gut erzogen sind und bei Bedarf die E-Zigarette vor unserem Haus geniessen.» Sie müssen dazu nicht extra aufgefordert werden. Viele Dampfer sind sich wahrscheinlich auch gar nicht bewusst, dass das Passivrauchgesetz eine Lücke zulassen würde, so Jutzi weiter. Die Frage «E-Zigarette erlaubt?» kommt daher in seinem Restaurant zurzeit nicht auf.

Rauch- und Dampfverbot wird beim Check-in kommuniziert
Im Hotelbereich ist es so, dass beim Check-in jeder Gast das Rauchverbot mittels Meldeschein und Unterschrift zur Kenntnis nimmt. «Diese Information dürfte auch die E-Zigaretten-Konsumenten etwas abschrecken.» Sollten Kunden jedoch in Zukunft auch Inhouse E-Zigaretten dampfen wollen, so würde Jutzi dies komplett verneinen, um alle Raucher gleich behandeln zu können. «Dafür spricht auch die Tatsache, dass E-Zigaretten doch einen Duft im Raum hinterlassen. Dieser fällt nicht immer nur positiv auf.»

Für Daniel Schnabl, Manager Maya Caprice Hotel & Spa Wengen, gibt es bei einem Verbot von E-Zigaretten zwei ausschlaggebende Punkte: die Geschmacksbeeinträchtigung durchs Dampfen und die Frage, ob und wie stark E-Zigaretten gesundheitsschädlich sind. Innerhalb des ­Hotelteams herrscht eine klare Meinung: Im Hotel und im Restaurant sind E-Zigaretten nicht erwünscht. Nur auf der Terrasse ist Dampfen kein Problem.

Bislang hätte noch kein Hotelgast gefragt, ob er im Innenbereich dampfen dürfe. Man habe ­auch noch nie einen Gast gesehen, der dampft. Im Moment kommuniziert man das Thema gegenüber dem Gast noch nicht. «In Zukunft werden wir unsere Gäste aber mündlich informieren, dass sie nur im Aussenbereich dampfen dürfen», so Daniel Schnabl.

Der Hotelier findet, dass E-Zigaretten auch ein ästhetisches Thema sind, vor allem in der anspruchsvollen Gastronomie und Hotellerie. «Wenn Gäste ein schönes Essen und guten Wein geniessen, passt für mich keine E-Zigarette dazu.»

Ein allgemeines E-Zigaretten-Verbot in geschlossenen Räumen wäre laut Schnabl von Vorteil. Andere Gäste sollten durch das Dampfen nicht gestört werden. Ein klares Verbot kennt seit dem letzten Fahrplanwechsel der öffentliche Verkehr in der Schweiz: Der E-Zigarettenkonsum ist in Schweizer Zügen, Bussen und Trams bereits untersagt.


Wirtschaft gegen Regulierung
Bei hotelleriesuisse erwartet man nicht, dass sich für die Hoteliers mit der Verbreitung der E-Zigarette grundsätzlich etwas ändern wird. Man ist jedoch der Ansicht, dass «die Entscheidungskompetenz weiterhin bei den Betrieben bleiben und die unternehmerische Freiheit gewahrt werden sollte». Das neue Tabakproduktegesetz (E-TabPG) soll die Verwendung von E-Zigaretten mit oder ohne Nikotin sowie von verwandten Produkten dem Rauchen im Sinne des Gesetzes zum Schutz vor Passivrauchen gleichstellen. Dass der Konsum von E-Zigaretten in geschlossenen, öffentlich zugänglichen Innenräumen dann in Zukunft verboten wäre, geht dem Verband zu weit.

GastroSuisse fordert, wie während der Vernehmlassung zum neuen TabPG die Wirtschaftsparteien SVP und FDP und weitere Wirtschaftsorganisationen, eine Differenzierung zwischen herkömmlichen Tabakprodukten einerseits und E-Zigaretten und anderen weniger schädlichen Alternativprodukten andererseits. «Die Unterstellung von weniger schädlichen Produkten un­ter das Bundesgesetz zum Schutz vor Passivrauchen wäre unverhältnismässig. Das Gastgewerbe würde die Ausweitung des Rauchverbots stark treffen.» Ein generelles Verbot stelle einen unnötigen Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit der Wirte und Hoteliers dar. GastroSuisse fordert, dass Restaurants und Hotels weiterhin selbstständig über die Handhabung von E-Zigaretten in ihrem Betrieb entscheiden dürfen. Diese Handhabung habe bis anhin gut funktioniert. «Es besteht gegenwärtig kein Regulierungsbedarf.» Bei der Hotel & Gastro-Union wird das Thema noch diskutiert, grundsätzlich sei man aber immer für den Schutz der Arbeitnehmenden. (alm/gsg)


EU: Keine einheitliche Regelung
In der EU-Richtlinie 2014/40/EU, der «EU-Tabakrichtlinie», ist auch die Verwendung von E-Zigaretten geregelt. Die Richtlinie sieht eine maximale Nikotinkonzentration von 20 Milligramm pro Milliliter vor. Es gilt ein ­Werbeverbot für E-Zigaretten. Aromen können von den Mitgliedsstaaten verboten werden. Nikotinfreie Liquids fallen nicht in den Regelungsbereich der Tabakrichtlinie. Ein Passivrauch­gesetz kennt die EU dagegen nicht. Das ist Sache der Mitgliedstaaten. In Deutschland regelt das Bundesnichtraucherschutzgesetz das Rauchverbot – aber nur in Einrichtungen des Bundes und in öffentlichen Verkehrsmitteln. E-Zigaretten unterliegen nicht diesem Gesetz. Allerdings können ÖV-Betreiber das Ganze privatrechtlich regeln. So verbietet die Deutsche Bahn das Dampfen in ihren Zügen ganz, und an Bahnhöfen darf nur in den Raucherbereichen gedampft werden. Ansonsten ist es Sache der Bundesländer, das Nichtrauchergesetz zu gestalten. Das wird unterschiedlich gehandhabt.
Manche Bundesländer behandeln E-Zigaretten wie herkömmliche Zigaretten. In Hessen etwa ist das Dampfen nur in gekennzeichneten Raucherräumen erlaubt. Bayern dagegen erlaubt E-Zigaretten in Gaststätten, sofern kein Tabak enthalten ist. Das Verwaltungsgericht Köln urteilte 2014, dass E-Zigaretten in nordrhein-westfälischen Gaststätten nicht grundsätzlich verboten sind. Begründung: Beim Konsum von E-Zigaretten handelt es sich nicht um Rauchen im Sinne des Gesetzes. (alm)