Die Umsätze der Serviced Apartments haben sich in den Corona-Jahren praktisch in allen Märkten besser entwickelt als jene der Hotelzimmer. Es überrascht nicht, dass sowohl Immobilienentwickler als auch Hotelièren auf das Geschäft mit den bewirtschafteten Kleinwohnungen aufmerksam geworden sind und momentan am Markt so etwas wie Goldgräberstimmung herrscht. Hotels sind dabei zentrale Player. Der Accor-Konzern etwa ist Marktführer in Europa. Und kein anderer Anbieter verfügt weltweit über mehr Serviced Apartments als Marriott.[RELATED]

Da könnten durchaus weitere Hoteliers und Hotelièren in der Schweiz auf die Idee kommen, selbst Serviced Apartments anzubieten. Hier ein paar Punkte, die dabei berücksichtigt werden sollten.

Gästesegment

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Heute buchen zwar immer öfter auch Freizeitreisende solche Unterkünfte. Schätzungen aus den USA gehen aber davon aus, dass weltweit nach wie vor rund 70 Prozent der Gäste in Serviced Apartments Geschäftsreisende sind. Raphael Michel, Gründer und Geschäftsführer von Apartolino, einer Schweizer Vermietungsplattform für Serviced Apartments, sagt dazu: «Ganz ohne Geschäftsreisende ist es schwierig, eine Apartment-Immobilie auszulasten. Denn im Freizeitgeschäft sind die klassischen Ferienwohnungen eine starke Konkurrenz.» Zudem blieben die Freizeitgäste in der Regel weniger lang. Wechsel aber seien teuer, sagt Michel, der Langzeitaufenthalte ab drei Monaten als besonders lukrativ bezeichnet.

Standort

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Grundsätzlich hängt der geeignete Standort vom Zielpublikum ab. Doch: Nicht jeder Standort, an dem ein Hotel gut läuft, funktioniert auch zwingend für Serviced Apartments. Man denke beispielsweise an Flughafenhotels, die zwar für ein, zwei Nächte optimal gelegen, für einen Aufenthalt von mehreren Wochen aber möglicherweise zu lärmig sind. Ob ein Standort günstig ist oder nicht, hängt zudem massgeblich von der Mikrolage ab: Wie weit ist es zur nächsten ÖV-Haltestelle? Wo ist der nächste Lebensmittelladen? Wie viele Arbeitsplätze hat es in der Gegend? Ballungszentren wie Zürich, Genf oder Winterthur eignen sich in der Regel besonders gut für Serviced Apartments, weshalb dort in den letzten Jahren viele solche Angebote entstanden sind. Dort sei es deshalb von Vorteil, das eigene Angebot zu diversifizieren, rät Michel, zum Beispiel einige Studios teurer für Geschäftsleute und andere günstiger für Studierende anzubieten.

Einrichtung

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Eine Umfrage im «Global Serviced Apartment Industry Report 2022» zeigt, was die Gäste von ihrer Wohnung auf Zeit erwarten. Am meisten genannt wurde ein leistungsfähiges WLAN, gefolgt von der Kochgelegenheit. Michel, der selber schon mitgeholfen hat, Serviced Apartments zu erstellen, rät zudem zu smarten Möbel- und Raumkonzepten. Weil das durchschnittliche Apartment nur zwischen 35 und 50 Quadratmeter gross ist, muss der knappe Platz optimal genutzt werden. In sogenannten modularen Wohnungen kann etwa die Küche verkleinert werden, wenn man sie nicht braucht. Bekanntes Beispiel dafür ist das verschiebbare Wohnelement The Slide, das in den Stay-Kooook-Studios eingesetzt wird. Nicht zuletzt sollten Anbieter berücksichtigen, dass ein Serviced Apartment mehr Gemütlichkeit bieten muss als ein Hotelzimmer, das nur für eine Nacht genutzt wird. Laut Michel werden auf Apartolino Angebote besser gebucht, die «cosy» eingerichtet sind. Weil sich Wohnstile aber ständig änderten, reiche es häufig nicht, ein Apartment nur alle zehn Jahre neu zu gestalten, meint Michel.

Empfang

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Umstritten ist, wie wichtig ein besetzter Empfang ist. In der erwähnten Umfrage scheint er für die Gäste eher nebensächlich zu sein. Viel wichtiger ist ihnen demnach eine Anlaufstelle, die rund um die Uhr erreichbar ist. Für Michel ist der Empfang vor allem eine Frage der Positionierung – will man dieses persönliche Element, oder setzt man eher auf anonyme Effizienz.

Innerhalb der Schweizer Beherbergungsindustrie sind Bewegungen im Gange. Einerseits drängen immer mehr neue Hotelketten auf den Schweizer Markt und andererseits entstehen alternativ dazu neue Beherbergungskonzepte. Der Verband HotellerieSuisse hat eine neue Klassifikation für die Serviced Apartment Konzepte entwickelt.

Differenzierung durch die Klassifikation Serviced Apartment