Martin von Moos, Schweiz Tourismus rechnet mit einer möglichen Abschwächung des US-Markts ab 2026 – vor allem, weil Amerikaner wohl schmalere Reisebudgets haben werden. Teilen Sie diese Einschätzung?
Nach einem starken Anstieg der Logiernächte aus den USA in den vergangenen Jahren wäre es nicht überraschend, wenn sich das Wachstum in naher Zukunft abschwächen würde. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund wirtschaftlicher Unsicherheiten und der drohenden Inflation. Jedoch hatten wir bereits für dieses Jahr einen Rückgang aus dem US-amerikanischen Markt erwartet und wurden eines Besseren belehrt. Entscheidend wird sein, wie stark eine höhere Inflation die Auswirkungen des starken Frankens abfedern kann. Prognosen bleiben in einem so volatilen Umfeld schwierig. [RELATED]
Inwiefern könnten US-Zölle indirekt auch die Angebotsstruktur der Schweizer Beherbergungsbranche treffen?
Die grösste Gefahr sehe ich im MICE-Segment. Zwar ist der direkte Einfluss auf das Incoming-Geschäft aus den USA begrenzt, doch mittelbar können US-Zölle massive Auswirkungen auf die Schweizer Wirtschaft haben – beispielsweise, wenn exportorientierte Unternehmen unter Druck geraten. Müssen Schweizer Firmen Kurzarbeit einführen oder gar Mitarbeitende abbauen, wirkt sich das direkt auf den Veranstaltungssektor aus: Gespart wird dann bei internen Seminaren, Schulungen oder Jahresanlässen.
Welche Risiken oder Chancen sehen Sie für Schweizer Hotels, sollte sich die US-Kaufkraft tatsächlich weiter abschwächen?
Die Risiken überwiegen. Eine sinkende Kaufkraft bedeutet potenziell rückläufige Logiernächte aus den USA. Auch könnte eine weitere Aufwertung des Schweizer Frankens gegenüber dem US-Dollar Reisen in die Schweiz zusätzlich verteuern. Chancen sehe ich in diesem Kontext weniger. Allenfalls müssten neue Märkte gesucht und erschlossen werden; oder Anbieter wären gezwungen, ihr Angebot gezielter auf andere Gästegruppen auszurichten.
Wo ist die Schweizer Beherbergungsbranche gut aufgestellt – und wo könnten uns die geopolitischen Stürme gefährlich werden?
Die Schweizer Beherbergungsbranche ist grundsätzlich robust aufgestellt, nicht zuletzt, weil wir in unterschiedlichen Märkten stark und breit abgestützt sind. Das hat sich in den letzten Jahren mehrfach gezeigt – beispielsweise nach dem Einbruch des chinesischen Markts während der Pandemie, der durch andere Herkunftsmärkte gut aufgefangen werden konnte. Verletzlich bleibt die Branche dort, wo weitreichende externe Faktoren direkt auf die Nachfrage durchschlagen – etwa ein zu starker Franken. Aus meiner Sicht ist es wichtig, dass wir unseren Prinzipien treu bleiben und die Qualität, für die wir bekannt sind, hochhalten. Das unterstützt unsere Widerstandsfähigkeit.
Was raten Sie Hotelbetrieben in der Schweiz, um sich frühzeitig auf mögliche Veränderungen im US-Markt einzustellen?
Es lohnt sich, die Entwicklungen genau im Blick zu behalten und rechtzeitig auf Veränderungen zu reagieren. Grundsätzlich wichtig ist, sich nicht zu stark auf einzelne Märkte zu konzentrieren und auf einen breiten Gästemix zu setzen. Zudem sollten wir den Heimmarkt stärken.
