Trotz guter Logiernächteentwicklung: Gesamthaft sank auch 2018 die Zahl der Hotels in der Schweiz. Anders sieht es bei den Hotelketten aus. Diese wuchsen im letzten Jahr weiter: Die Anzahl der Kettenhotels stieg um 15 Prozent, die Anzahl der Zimmer um 
12 Prozent. Das zeigt der jüngste «European Hotel & Chain-Report 2019» von Horwath HTL, der am Dienstag anlässlich des Internationalen Hotel Investment Forums (IHIF) in Berlin präsentiert wurde. Allerdings war das Wachstum langsamer als in den Jahren zuvor: 2017 verzeichnete der Markt bei der Anzahl an Häusern noch ein Plus von 25 Prozent.

Dass die Zimmerzahl weniger zunimmt, verdeutlicht, dass die im letzten Jahr hinzugekommenen Kettenhotels kleiner waren als im Vorjahr, diesen Grössenschwund stellte man bereits 2017 fest. Den Grund dafür sieht Michaela Wehrle, Managing-Partner Horwath HTL Switzerland, darin, dass heimische Hotelgruppen die Hälfte des Wachstums ausmachen. Inzwischen sind bereits vier Schweizer Hotelgruppen unter den Top Ten der grössten Hotelketten in der Schweiz. Trotzdem: Mit Hard Rock Hotel, a-ja Resort, b_smart-Hotel and B&B Hotels fassten mindestens vier neue Hotelmarken in der Schweiz Fuss. Auffällig: Drei der vier stammen direkt aus dem umliegenden Ausland. Hotelketten aus dem DACH-Raum werden künftig eine grössere Rolle spielen als internationale, erwartete deshalb auch Moritz Dietl von Treugast (siehe Interview unten). Eine Schweizer Hotelgruppe ist im letzten Jahr allerdings von der Bildfläche verschwunden: Die Übernahme von Mövenpick hat den Abstand zwischen Accor und der nächstgrösseren Hotelkette bezogen auf die Zimmerzahl um fast 50 Prozent vergrössert.

Noch ist die Marktdurchdringung von Hotelketten in der Schweiz im Vergleich zum übrigen Europa klein: Rang 12 bezogen auf die Anzahl Häuser, Rang 14 punkto Anzahl Hotelkettenzimmer am Zimmertotal der Hotellerie. Bis 2012 prognostiziert der Horwath-Bericht allerdings weitere 13 neue Hotelmarken aus dem Ausland, die in der Schweiz Fuss fassen. So wird Harry's Home am 1. April in Zürich-Wallisellen den ersten Schweizer Standort mit 123 Wohneinheiten eröffnen. Die Hotelkette Yotel kündigte am Dienstag mit Yotelpad ebenfalls ein Longstay-Konzept für die Schweiz an, projektiert sind in den nächsten zwei Jahren drei Standorte im Raum Genf. Aber auch von den grossen internationalen Ketten ist durchaus Neues zu erwarten – ebenfalls am IHIF verkündeten diese ihre Wachstumspläne und diverse neue Marken, Accor gleich zwei: die neue Lifestyle-Marke «Tribe» sowie in Zusammenarbeit mit der Hotelgruppe «sbe» die Luxusmarke «The House of Originals».

Den aktuellen Bericht «Hotels & Hotelketten in der Schweiz 2019» von Horwath HTL gibt es hier.


Projektierte Kettenhotels nach Region (Pipeline 2018/19)

Rang

Destination

Hotels

Zimmer

1 Zürich Region 14 2071
2 Bern Region 5 484
3 Basel Region 2 401
4 Genf 2 291
5 Genfersee/Waadt 3 253
6 Fribourg 2 174
7 Luzern/Vierwaldstättersee 1 160
8 Graubünden 1 130
9 Jura & Drei-Seen-Land 2 126
10 Ostschweiz 1 112
Vor allem in Zürich entstehen weiterhin neue Kettenhotels. Quelle: Horwath HTL
Alle Hotelketten in der Schweiz 2018

Rang

Ketten Gruppe

Hotels

Zimmer

1 Accor (1) 72 9188
2 IHG (2) 11 2149
3 Marriott (3) 13 2002
4 Radisson (6) 5 1058
5 Sorell Hotels (8) 18 981
6 Sunstar Hotels (7) 10 956
7 Best Western (6) 14 935
8 Hotels by Fassbind 7 758
9 Boas Hotels (10) 9 753
10 H Hotels (9) 6 731
In Klammern: Rang im 2017  Quelle: Horwath HTL
Einheimische Hotelketten 2018

Rang

Ketten Gruppe

Hotels

Zimmer

1 Sorell Hotels 18 981
2 Suntar Hotels 10 956
3 Hotels by Fassbind 7 758
4 Boas Hotels 9 753
5 Welcome Hotel Management 9 610
6 Manotel 6 610
7 Kempinski 2 596
8 Fassbind Hotels 6 521
9 Hotel Portfolio Holding 4 507
10 Victoria-Jungfrau Collection 4 463
Quelle: Horwath HTL

«Für internationale Ketten sehe ich nicht die grosse Chance»

Treuegast-Geschäftsführer Moritz Dietl sieht in internationalen Hotelketten nicht die grosse Konkurrenz für den DACH-Raum. Zukunft hätten heimische Hotelgruppen, welche die Hotels selbst betreiben.

Moritz Dietl, im DACH-Raum wachsen heimische Hotelketten und -gruppen inzwischen schneller als die internationalen. Einzige Ausnahme ist Accor. Wie kommt das?

Internationale Hotelketten expandieren grösstenteils nur noch mittels Franchise- und Managementverträgen, lediglich Accor betreibt noch einen erheblichen Teil des Portfolios selbst. Viele Konzerne ziehen sich aus dem operativen Geschäft zurück. Doch irgendjemand muss die Hotels ja betreiben. Das ist die Chance für einheimische Hotelgruppen, die die Hotels heute alle noch selbst führen. [IMG 2]

Internationale Hotelketten sind für die heimische Hotellerie also nicht die befürchtete grosse Konkurrenz in Zukunft?

Nein, für internationale Marken sehe ich im deutschsprachigen Raum nicht die grosse Chance. Big Players wie IHG würden zwar nur zu gerne im DACH-Raum schneller expandieren, doch es mangelt unter anderem an qualifizierten Betreibern. Der Hotelbetreiber, der das operative Risiko übernimmt, ist der Flaschenhals.

Wachstumsstarke deutsche Hotelgruppen wie Motel one oder Novum expandieren auch in der Schweiz. Was heisst das für die hiesige Hotellerie?

Deutsche Hotelgruppen werden in der Schweiz künftig sicher eine wichtigere Rolle spielen. Ich kann mir vorstellen, dass sie in der Schweiz in Zukunft schneller wachsen als internationale. Aber einige werden sich auch eine blutige Nase holen. Viele unterschätzen das hohe Kosten- und Qualitätsniveau. Wir raten zu Vorsicht.

In Ihrem aktuellen Investmentranking rangieren deutsche Ketten wie H-Hotels und Motel one seit letztem Jahr ganz oben, gleichauf mit Accor. Ist das nicht erstaunlich?

Das liegt an der Bewertungsmethode. Fast 200 Einzelkriterien fliessen hier ein. Deutsche Hotelgruppen können da beispielsweise mit viel Digitalisierung und schnellem Wachstum punkten. Im Investmentranking geht es um die Betreiberqualität, es ist also eigentliche ein Rating der Betreiberkompetenz. Denn die Performance des Hotelbetreibers ist für die Investoren-Rendite schlussendlich relevant.

Welche Rolle spielt dabei die Hotelmarke?

Das Konzept respektive die Marke spielen eine wichtige Rolle für den Erfolg eines Hotelbetriebs. Das Hotel kann aber immer nur so gut sein wie der dahinterstehende Betreiber.

Wachstum erwarten Sie vor allem bei Limited-Service-, Lifestyle-und  Longstay-Konzepten. Internationale Hotelketten kaufen aber besonders gerne Luxus-Hotelmarken ein. IHG mit Six Senses und Best Western mit World Hotels sind jüngste Beispiele. Ein Fehler?

Gute Frage. International sicher nicht, das Potenzial liegt aber vorderhand in Asien und dem Mittleren Osten. In Deutschland sehe ich wenig Markt für zusätzliche Luxushotels, die Preissensibilität ist hier sicherlich ein Faktor. In der Schweiz sieht das sicher anders aus. Da könnte ich mir auch ein Six Senses Resort vorstellen.

Gudrun SChlenczek