«Wellness ist mehr als Sauna und Spa», stellte Roland Lymann, zuständig für Gesundheitstourismus und Destinationsmanagement am Institut für Tourismuswirtschaft ITW der Hochschule Luzern, gleich zu Beginn des «htr-Tischgesprächs» zum Thema «Wellness, Sauna und Spa» klar. Auf Einladung der htr hotel revue trafen sich Vertreter renommierter Wellness- und Spa-Ausstatter, ein Hotelier und der ITW-Forscher in Bern, um über Entwicklungen und Herausforderungen im Wellnessbereich zu diskutieren. Es gehe auch um mehr, als Körper und Seele einfach etwas Gutes zu tun, so Lymann weiter. «Wellness ist ein Gesamtpaket, das Ernährung genauso einschliesst wie Bewegung.»

Oft fehlt im Betrieb das gemeinsame Wellness-Verständnis
Widerspruch ernteten seine Aussagen nicht. Im Gegenteil. Die Wachstumskurve für Wellnesskonzepte im klassischen, engeren Sinne flache ab, beobachtet Mirco Plozza, Direktor Deltapark Vitalresort in Gwatt bei Thun. Die Zukunft liegt auch für ihn in der ganzheitlichen Wellness. «Heute geht es schlussendlich um die gesamte Dienstleistungskette. Der Gast sucht immer mehr ein stimmiges Gesamtpaket. Dafür müssen alle Elemente aufeinander abgestimmt sein.» Für so ein ganzheitliches Konzept müsse aber auch der ganze Betrieb zusammenspannen, fordert Roland Lymann, von der Küche bis zum Hotelmanager. «In jedem zweiten Betrieb versteht der Hoteldirektor unter dem hauseigenen Wellness- und Spa-Angebot etwas anderes als die Mitarbeitenden», zitierte der Forscher eine institutseigene Studie. Für ein Wellnessangebot aus einem Guss sei ein gemeinsames Verständnis aber Bedingung. Förderlich hierfür: Die Mitarbeitenden selbst das Wellness-Angebot testen zu lassen, lautet die Empfehlung von Martin Thurnheer, Projektberater SPA bei der Klafs AG.

Mit dem htr-Tischgespräch bietet die htr hotel revue Lieferanten, Hoteliers und Vertretern der Branche die Möglichkeit, relevante Themen gemeinsam zu diskutieren und zu vertiefen. 2019 lud die htr hotel revue bereits viermal zur Diskussionsrunde nach Bern zu den Themen: Food – Das Buffet; Table Top – Tischkultur; Interior Design – Lobby und Empfang; Wellness, Sauna und Spa.
htr.ch/dossiers-studien.html

Fristen Schattendasein: Fitnessraum und Medical Wellness
In der Schweiz gehen 13 Prozent der Bevölkerung regelmässig ins Fitnesscenter, zitierte Oliver Marangoni, Sales Director Johnson Health Tech. Schweiz, wiederum die Statistik. Aber nicht 13 Prozent der Hotelgäste begeben sich in den Fitnessraum. «In den Ferien geht man in die Berge, nicht in den Fitnessraum», konstatiert Roland Lymann. Sind die Fitnessräume in den Schweizer Hotels zu wenig attraktiv? Das sei gar nicht unbedingt entscheidend. Der Besuch des Fitnessraums gehört zum Pflichtenheft im Alltag. In den Ferien will man aber primär Spass haben. Das mache auch gesundheitlich Sinn. «Die Glücksgefühle, welche bei einer Bergwanderung neben der körperlichen Aktivität entstehen, sind unbezahlbar.» Rolf Schmidt, Leiter Marketing & Kundendienst, Mitglied der Geschäftsleitung der Keramik Laufen AG & Similor AG, findet, dass sich beides nicht ausschliessen muss, und verweist auf Workout-Places im Freien, die Erlebnis und Fitness kombinieren.

Potenzial sieht Plozza im «Functional Fitness», bei dem das Programm spezifisch auf den Kunden zugeschnitten ist. Das kann durch einen Trainer erfolgen, was je nach Angebotsgestaltung allerdings die Personalkosten in die Höhe treibt, oder automatisiert. Oliver Marangoni schlägt eine Cloud-Lösung vor, über die der Gast weltweit sein einmal erstelltes persönliches Fitnessprogramm abrufen kann. Eine in die Konsole der Fitnessgeräte eingebaute Cloud-Lösung sei aber in der Hotellerie noch nicht verbreitet. Erste Hotelketten wie Marriott International, das Bürgenstock Resort oder das Designhotel Wiesergut in Österreich führen solches im Programm. Auch Medical Wellness, ist der Gesundheitstourismusforscher aus Luzern überzeugt, funktioniere aufgrund des Genuss-Aspekts nur an «ausgewählten Hotspots» wie dem österreichischen Lanserhof. Wie schwierig es ist, mit Medical Wellness auf einen grünen Zweig zu kommen, weiss auch Mirco Plozza. Seit der Eröffnung vor drei Jahren bietet das 4-Sterne-Superior-Hotel Medical Wellness an. «Es läuft gut, aber wir stehen betriebswirtschaftlich noch nicht dort, wo wir sein wollen», so Plozza. Dafür wird der Wohlfühlfaktor im Wellnessbereich immer wichtiger. Erholungsbäder ersetzen immer mehr «Spassbäder» und Schwimmbecken, beobachtet Lymann die Entwicklung. Diese Prognose teilt auch Sonja Britschgi-Stalder, Geschäftsleiterin der Vivell Schwimmbadtechnik AG. Wasserflächen dienten zunehmend der Entspannung: Das kann ein «Floaten» im flachen Solebecken sein oder das Nutzen der Massagedüse und der Liegefläche im Warmwasserbecken.

Sowohl Liegeflächen als auch Massagedüsen werden allerdings oft zu knapp bemessen, bemerkt Britschgi-Stalder. Zudem empfiehlt sie anstelle weniger grosser Becken lieber mit mehreren mittelgrossen ein breiteres Angebot sicherzustellen. Ganz klein sollte die Wasserfläche aber nicht sein: Der klassische Whirlpool verschwindet zunehmend aus dem Wellnessbereich und findet heute seine Berechtigung noch im Private Spa, einem Segment, dem wiederum Martin Thurnheer viel Potenzial beimisst. Damit dieses nicht nur Suiten und damit der hochpreisigen Hotellerie vorbehalten ist, entwickelte Klafs AG eine ausziehbare Sauna mit kleinerem Platzbedarf.

Raum für soziale Interaktion im Wellnessbereich schaffen
Weniger Bewegung gibt es bei der Saunalandschaft. «Die Grundprinzipien bleiben», konstatiert Mirco Plozza. Das klassische Trio aus finnischer Sauna, moderat temperierter Biosauna und Dampfbad ist in der Regel gesetzt, ergänzt mit mindestens einem Duschbereich. Oft vergessen gingen aber ausreichende Zirkulations- und Ruheflächen, so der Hotelier. Überfrachten sollte man eine Sauna- und Wellnesslandschaft nicht, dafür genügend Ruheflächen einplanen, doppelte Martin Thurnheer nach.

Ein Saunameister hingegen müsse im Hotel nicht unbedingt sein, findet Plozza. Das Aufgussprozedere könne man gut automatisieren, pflichtet Thurnheer bei. Anders sieht das Roland Lymann: «Betreute Angebote werden immer wichtiger.» Denn Vereinsamung werde ein immer grösseres gesellschaftliches Problem, beobachtet der Gesundheitstourismusforscher.

Also lieber mehr persönliche Betreuung statt mehr Infrastruktur? «Sicher, es wird mehr und mehr unsere Aufgabe, spannende Möglichkeiten für mehr soziale Interaktion zu schaffen, so Mirco Plozza. «Das ist unsere Chance, dem Gast für diese im Hotel eine Plattform zu bieten.» Und das nicht nur in den üblichen öffentlichen Hotelräumlichkeiten, sondern eben auch im Wellnessbereich. Für Martin Thurnheer heisst das: Neben Entspannungsräumlichkeiten unbedingt auch einen Loungebereich vorsehen, in dem sich die Gäste treffen können. «In grösseren Häusern ist das kein Problem. Aber in kleineren Hotels wird aus Platzgründen nicht selten auf den Loungebereich verzichtet.»


Clouslösungen für die Fernsteuerung
Die Wellness-Anlage im Hotel ist oft Bedingung für die Bettenauslastung. Selbst einträgliches Profitcenter ist sie aber in den seltensten Fällen. Um die Bilanz zu verbessern, heisst es deshalb: Kosten senken. Cloudlösungen scheinen auch hier eine Antwort zu sein. Zum Beispiel für die Wartung der Anlage. Bei der Vivell Schwimmbadtechnik AG steht man kurz vor der Lancierung einer Fernwartung der Schwimmbad-Hygiene. «Überwachen kann man die Wasserwerte des Schwimmbades schon lange», so Sonja Britschgi-Stalder. Das «Ospa BlueCheck»-System ermögliche aber zusätzlich ein konkretes Intervenieren von extern. Das berge ein Riesenpotenzial für die Kosteneffizienz. Es könnte aber auch das Fachkräfteproblem in diesem Bereich lösen: «Die Betreuung der Wasseraufbereitung ist ein komplexes Thema. Oft ist es schwierig, die kompetenten Fachkräfte zu finden.» Die Reinigung der Duschen mit der Duschfrequenz stimmt ein Steuerungssystem der Keramik Laufen AG & Similor AG ab. Im Einsatz sei das bis anhin fast ausschliesslich in öffentlichen Anlagen, so Rolf Schmidt. Ein Kostentreiber ist ebenso der Energieverbrauch. Bei Klafs forscht man intensiv dazu. So lasse sich mit einem «Klima-Manager», der mittels CO2-Messung im Innenbereich der Sau-na deren Belüftung kontrolliert, viel Wärmeenergie einsparen, weiss Martin Thurnheer. «Die CO2-Messung in der Sauna wird immer häufiger installiert.»


«Mit einer Cloud das Fitness persönlich machen.»
Der studierte Betriebswirtschafter Oliver Marangoni ist Sales Director der Johnson Health Tech. (Schweiz) GmbH. Die Johnson Health Tech. (Schweiz) GmbH ist das Schweizer Tochterunternehmen der Johnson International Holding Corp. Ltd. mit Sitz in Taiwan. Die Firma gehört weltweit zu den Top drei der grössten Fitnessgerätehersteller. [IMG 8]
johnsonfitness.eu


«Betreute Angebote werden immer wichtiger»
Roland Lymann
ist seit 2008 Dozent für Gesundheitstourismus am Institut für Tourismuswirtschaft an der Hochschule Luzern und ist Mitglied der Arbeitsgruppe für Thermalbäder des Global Wellness Institute in New York. Er auditiert Kurhäuser, Thermalbäder und Wellnessdestinationen und forscht zu Erfolgsfaktoren und Gästeverhalten. [IMG 9]
hslu.ch/itw


«Der Fernüberwachung gehört die Zukunft»
Sonja Britschgi-Stalder
ist dipl. Wirtschaftsfachfrau VSK, seit zwölf Jahren Marketingleiterin und seit zwei Jahren Geschäftsführerin des Familienbetriebs Vivell AG. Das Unternehmen für Schwimmbadtechnik besteht seit 60 Jahren, plant und realisiert schweizweit Schwimmbäder. Vivell ist Schweizer Generalvertreter von OSPA-Wasseraufbereitungsanlagen. [IMG 10]
vivell.ch


«Spass und Fitness müssen sich nicht ausschliessen»
Rolf Schmidt, Kaufmann mit MBA, ist seit 2005 bei der Keramik Laufen AG Leiter Marketing, Verkauf und Kundendienst, und dies seit 2009 auch für die Similor AG. Laufen ist ein Komplettausstatter im Badezimmerbereich. Die Similor AG ist Spezialist für Bad-Armaturen. Entwickelt und produziert wird in der Schweiz. [IMG 11]
laufen.ch
similor.ch


«Unbedingt einen Loungebereich vorsehen»
Die Klafs AG ist seit über 90 Jahren marktführend im Bereich Sauna, Pool und Spa und betreibt eigene Entwicklungs- und Produktionsstätten, um den stetig wachsenden Ansprüchen der Kunden gerecht zu werden. Martin Thurnheer ist Projektspezialist und gehört seit acht Jahren zum 40-köpfigen Team des Schweizer Unternehmens der Klafs-Gruppe. [IMG 12]
klafs.ch


«Ruheflächen gehen oft vergessen»
Der gebürtige Churer mit Hotelfachschuldiplom (HF Thun) und MBA der Universität Guelph, Mirco Plozza, begleitete als verantwortlicher Direktor für die Hauenstein Hotels Neukonzeption und Neubau des ehemaligen Gwatt-Zentrums in Gwatt (Spiez). Seit der Eröffnung des Deltapark Vitalresorts mit Schwerpunkt Medical Wellness führt er das am Thunersee gelegene Hotel. [IMG 13]
deltapark.ch