Die schrittweise Rückkehr zur Normalität hat sich bislang nicht negativ auf die Entwicklung der Epidemie ausgewirkt. Die Lage entspannt sich - sowohl bei den Fallzahlen, als auch bei den Hospitalisierungen und der Auslastung der Intensivstationen. Sogar die sonst so vorsichtige wissenschaftliche Taskforce des Bundes hielt in den vergangenen Tagen weitere Öffnungsschritte für möglich.

Auch der Bundesrat sieht «gute Chancen, dass sich die Situation in den Spitälern in den nächsten Wochen weiter entspannt». Deshalb hat er am Mittwoch die Konsultation zum vierten Öffnungsschritt gestartet. Voraussetzung für weitere Lockerungen sei, dass die Impfkampagne in hohem Tempo weitergeführt werden kann und die Fallzahlen sinken oder stabil bleiben.

Neue Perspektiven für Gourmets und Sportler
Setzt sich der Trend der vergangenen Wochen fort, sollen nach Ansicht des Bundesrats ab Montag, 31. Mai, unter anderem Restaurants auch im Innern wieder öffnen können. «Dieser Teil des Öffnungsschritts ist aus epidemiologischer Sicht am heikelsten, weil sich viele Personen aus unterschiedlichen Haushalten ohne Maske in Innenräumen treffen», schreibt der Bundesrat. Auf der Terrasse wiederum soll die Maskenpflicht am Tisch aufgehoben werden.

Wiedereröffnet werden sollen auch Thermalbäder und Wellnesseinrichtungen. Die Aktivitäten dürfen gemäss Konsultationsentwurf ohne Maske ausgeübt werden, aber mit Abstand. Im Hinblick auf die Sommersaison soll für Badeanstalten die Möglichkeit geschaffen werden, für gewisse Teile des Aussenbereichs wie zum Beispiel die Liegewiesen Ausnahmen von der Maskenpflicht vorzusehen. [RELATED]

Bei öffentlichen Veranstaltungen soll die maximale Anzahl Personen nach den Plänen des Bundesrats erhöht werden. Neu sollen maximal dreissig statt 15 Personen gemeinsam auf der Bühne stehen oder Sport treiben können. Für Sport in Innenräumen gilt weiterhin: wenn ohne Maske, dann höchstens 15 Personen im gleichen Raum.

Gelockerte Homeoffice-Pflicht
An Hochschulen soll die Beschränkung auf maximal fünfzig Personen für Präsenzveranstaltungen aufgehoben werden. Voraussetzung ist laut dem Bundesrat ein Testkonzept im Rahmen der kantonalen Teststrategie und eine Genehmigung des Kantons.

Für Betriebe, die wiederholt testen, soll zudem die Homeoffice-Pflicht in eine Empfehlung umgewandelt werden. Sobald alle Personen geimpft sind, die dies möchten, soll die Homeoffice-Regel ohne Vorgaben gelockert werden.

Verboten bleiben sollen Publikumsveranstaltungen mit mehr als hundert Personen in Innenräumen und mehr als 300 Personen draussen. Nicht möglich sein sollen weiterhin Tanzveranstaltungen. Keine Änderungen geben soll es bei privaten Veranstaltungen. Da dort das Übertragungsrisiko höher sei, sollen sich laut dem Bundesrat im Innern maximal zehn Personen treffen, draussen maximal 15 Personen.

Reaktionen aus der Branche

Die HotellerieSuisse begrüsst die angekündigte Öffnung der Restaurant-Innenbereiche, fordert allerdings, dass diese früher erfolgt. Die Schutzmassnahmen müssen sich an den bewährten Regeln orientieren. Verschärfungen lehnt der Verband ab. Die Pläne, die Quarantäneregelungen und Reisebeschränkungen für geimpfte und genesene Personen aufzuheben, ist für die Erholung des Tourismus zentral. Jedoch müssen getestete Personen gleiche Rechte bekommen. Gleichzeitig zeigt sich der Verband erfreut über die Verlängerung der Kurzarbeit auf 24 Monate.
Der Gastgewerbeverband Gastrosuisse hat erleichtert auf den bundesrätlichen Vorschlag reagiert, die Innenräume von Restaurants bald zu öffnen. Doch er hätte sich einen schnelleren Zeitplan gewünscht. Das Schutzkonzept sei der Schlüssel für die Öffnung, sagte auch Gastrosuisse-Direktor Daniel Borner. Dieses werde nach dem Entscheid des Bundesrates noch leicht angepasst. Entscheidend werde sein, dass die Gastgeber und die Gäste das Konzept konsequent umsetzten und sich an die Regeln hielten, sagte Borner. Und er appellierte an den Bund, eine einheitliche Lösung für das Tracing unter Einhaltung des Datenschutzes bereit zu stellen.
Auch für den Schweizer Tourismus-Verband (STV) ist die voraussichtliche Öffnung der Restaurant-Innenräume per Ende Mai im Hinblick auf den weiteren Verlauf der Tourismussaison 2021 ein wichtiger Schritt. Ebenso begrüsst der STV die Verlängerung der Kurzarbeitsentschädigung von 18 auf 24 Monate sowie die Anpassungen bezüglich Reisequarantäne. (htr/lm)

Weitere Öffnungen vor den Sommerferien
Lockern will der Bundesrat auch die Quarantäneregeln. Neben Genesenen sollen auch Geimpfte sowohl von der Kontaktquarantäne als auch von der Reisequarantäne ausgenommen werden. Der Bund rät im Hinblick auf die Sommerferien jedoch davon ab, in Staaten oder Gebiete mit neuartigen Virusmutationen zu reisen.

Die neuen Lockerungen entsprechen den Plänen, die der Bundesrat bereits beim letzten Öffnungsschritt skizziert hatte. Nun können sich die Kantone, die zuständigen Parlamentskommissionen und die Sozialpartner dazu äussern. Es ist davon auszugehen, dass die Bundesratspläne das Minimum sind, was die verschiedenen Akteure fordern werden. Insbesondere die Wirtschaft fordert seit längerem raschere und grössere Öffnungsschritte.

Der Bundesrat hält fest, dass in den kommenden Wochen und Monaten weitere Öffnungsschritte geplant seien. Am 26. Mai werde er definitive Entscheide zu den Grossveranstaltungen mit über tausend Personen fällen. Die Konsultation zum übernächsten Öffnungsschritt will die Regierung voraussichtlich am 11. Juni starten und dann am 18. Juni darüber entscheiden.

Restrisiko bleibt
Was die mittelfristige Zukunft betrifft, hat der Bundesrat seine Mitte April skizzierte Strategie bestätigt. Das sogenannte Drei-Phasen-Modell soll zur Anwendung kommen. Ende Mai, wenn alle impfbereiten Risikopersonen geimpft sind, soll von der Schutzphase in die Stabilisierungsphase gewechselt werden. Später, wenn alle erwachsenen impfwilligen Personen geimpft sind, sollen die Massnahmen zum Schutz gegen Covid-19 weitgehend aufgehoben werden.

Ein Grossteil der Kantone ist sich bewusst, dass mit dem Modell auch Risiken verbunden sind - etwa, dass Personen, die sich nicht impfen lassen können, längerfristig einem erhöhten Risiko ausgesetzt sind. Der Bundesrat warnt ebenfalls: «Auch nach der Impfung aller impfbereiten Personen wird das Virus weiter zirkulieren.»

Damit es auch im Spätherbst/Winter nicht zu einer weiteren grossen Infektionswelle kommt, will sich der Bundesrat nach eigenen Angaben im Sommer «mit den nötigen Vorbereitungsarbeiten» befassen. (sda/lm)