Der Tourismus ist durch seine Kleinstrukturiertheit stark geprägt von Familienunternehmen. Gerade in den alpinen und ländlichen Gebieten stehen die Betriebe in der Hotellerie und Gastronomie bei Nachfolgeregelungen vor grossen Herausforderungen. Das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) hat im Rahmen seiner Tourismusstrategie die Forschungsstelle Tourismus (CRED-T) der Universität Bern und die Kohl & Partner AG beauftragt, diese Herausforderungen konkreter zu untersuchen. Hierzu wurde ein Methodenmix angewandt: Eine Dokumenten- und Literaturanalyse wurde mit statistischen Analysen und Experteninterviews mit erfolgreichen Unternehmern und anderen am Nachfolgeprozess beteiligten Stakeholdern verbunden.

Die Datenanalyse zeigt auf, dass die Beherbergung im alpinen Raum weniger stark von Kleinbetrieben geprägt ist als die Gastronomie oder Firmen in der Unterhaltungsbranche. Im Gastgewerbe kann eine Wachstumsschwäche hinsichtlich Anzahl Firmen und Arbeitsplätze ausgemacht werden. Diese ist ausgerechnet im alpinen Raum besonders ausgeprägt, also dort, wo das Gastgewerbe oftmals einen erheblichen Anteil der lokalen Arbeitsplätze stellt. Es zeigt sich, dass das fehlende Wachstum im alpinen Raum alle Branchen betrifft und nicht auf den lokalen Branchenmix zurückzuführen ist. Da es auch keine Konsolidierungstendenzen gibt, kann davon ausgegangen werden, dass diese Wachstumsschwäche als real einzustufen ist. Vergleicht man strukturelle Kennzahlen wie Betriebsgrössen und Branchenverteilungen über die Zeit, wird deutlich, dass gerade im alpinen Raum kein struktureller Wandel ausgemacht werden kann.

Vor diesem Hintergrund erscheint es auch nicht erstaunlich, dass die Daten zeigen, dass gerade im alpinen Raum auch die Nachfolgeproblematik in der Hotellerie deutlich ausgeprägter ist. Aufgrund der Wachstumsschwäche und des hohen Anteils an den touristischen Unternehmen lag der Fokus der Studie auf der Beherbergung und der Gastronomie im alpinen Raum.

Acht Hürden zu einer erfolgreichen Nachfolge
Mit dem Methodenmix wurden acht Hürden identifiziert, die bei einer erfolgreichen Nachfolgeregelung auftreten können. Diese Hürden können unterschiedlich hoch sein, je nachdem, ob es sich um eine familieninterne oder um eine externe Nachfolgeregelung handelt. Die vier ersten betreffen die Seite des Übergebenden:

Die erste Hürde ist der Nachfolgezeitpunkt. Hierbei zeigt sich, dass sich viele Betriebe zu spät mit der Thematik auseinandersetzen, da sie unterschätzen, dass sich der Übernahmeprozess gut über mehrere Jahre erstrecken kann. Somit fehlt oftmals die Zeit für eine optimale Lösung.

Fachbeitrag von:
Marcus Roller, Dozent und Co-Leiter der Forschungsstelle Tourismus an der Universität Bern. Er forscht empirisch zum Strukturwandel im Tourismus und dessen Arbeitsmarkt sowie Bergbahnen.

Zu den Autoren der Studie gehören:
CRED-T: Dr. Monika Bandi Tanner, Roman Ogi, Dr. Marcus Roller, Pascal Troxler, Romina Weber
Kohl & Partner AG: Frank Reutlinger

Die zweite Hürde betrifft die Altersvorsorge. Für viele Eigentümerinnen und Eigentümer ist der Betrieb die Basis der Altersvorsorge, was einen erheblichen finanziellen Aspekt auf persönlicher Ebene darstellt, der auch von den Experten als sehr wichtig angesehen wird.

Die dritte Hürde ist das Loslassen des Betriebs. Gerade bei Kleinunternehmen im Gastgewerbe stehen Gastgeberinnen und Gastgeber und die menschlichen Beziehungen zu den Gästen oftmals im Zentrum, wodurch eine hohe emotionale Bindung zum Betrieb selbst besteht. Dies ist vor allem eine hohe Hürde für familieninterne Übergaben.

Die vierte Hürde betrifft den Verkaufserlös. Dieser wurde sowohl bei familieninternen als auch bei externen Übergaben als wichtig eingestuft. In vielen Fällen zeigt sich allerdings, dass die Preisvorstellungen der Übergebenden zu hoch angesetzt sind. Dies liegt oftmals daran, dass gerade gut positionierte Betriebe für Externe nicht sehr attraktiv sind. Chancen für eine künftige Positionierung des Betriebs sind wichtiger als die bisherige Positionierung. Zu diesen tragen auch das Wettbewerbsumfeld und lokale wirtschaftliche Faktoren entscheidend bei.

Auf der Seite der Übernehmenden wurden drei weitere Hürden identifiziert: Die fünfte Hürde stellt die Finanzierung der Übernahme dar. Diese wird als relevantester Faktor eingestuft. Das Beschaffen von genügend Eigenkapital ist insbesondere für junge Übernehmende sehr anspruchsvoll.

Als sechste Hürde konnte das Unternehmertum identifiziert werden. Klein- und Familienbetriebe zu übernehmen, bedeutet, unternehmerisch tätig zu sein. Dies geht mit grossem zeitlichem Engagement und einer gewissen Risikobereitschaft einher. Die Bereitschaft hierzu sinkt allerdings, und die Ausbildungsgänge legen darauf wenig Fokus.

Die siebte Hürde sind Investitionen nach der Übernahme. Diese sind oftmals schwierig zu tätigen, da die Übernahme selbst vor allem bei externen Übernehmenden einen grossen finanziellen Aufwand bedeutet. Ohne Investitionen ist eine erfolgreiche Positionierung allerdings kaum möglich.

Erschwerter Zugang zu Förderinstrumenten
Der Unterstützungsprozess, das heisst der Zugang zu Förderinstrumenten und Unterstützern, wurde als eigene, achte Hürde identifiziert. Die Analyse der Förder- und Unterstützungsangebote lässt die Schlussfolgerung zu, dass die finanziellen Förderinstrumente in der Schweiz weitgehend ausreichend sind und das Angebot der Dienstleistungsunterstützungen alle Hürden abdeckt. Als zielführende Unterstützungsangebote werden diejenigen bei der Altersvorsorge und beim Loslassen eingeschätzt. Mittelmässig zielführende Angebote scheint es beim Verkaufserlös, bei der Finanzierung, dem Unternehmertum und den Investitionen zu geben. Weiter zeigt sich, dass die Angebote bei der Bestimmung des Nachfolgezeitpunktes und beim Unterstützungsprozess aktuell als am wenigsten zielführend eingeschätzt werden und daher dort das grösste Verbesserungspotenzial besteht.[DOSSIER]

Als zentral hat sich allerdings der erschwerte Zugang zu den jeweiligen Förderinstrumenten und Dienstleistern herausgestellt. Da es sich bei Nachfolgen in der Regel um einen für die beteiligten Personen einmaligen Prozess handelt, fehlt oft das nötige Wissen, wer zur Überwindung welcher Hürde Unterstützung anbietet. Der zielführendste Ansatz, die Nachfolgen im Gastgewerbe zu erleichtern, wäre folglich, den Zugang zu den jeweiligen Unterstützern zu erleichtern und noch mehr zu sensibilisieren.

Verweise:

Tourismus-Impuls Nr. 27
Schlussbericht Seco:«
Strukturwandel bei touristischen Klein- und Familienbetrieben»