Der von Samih Sawiris initiierte touristische Ausbau Andermatts hat das Dorf im Urserental stark verändert. Die Zahl der Einwohner und Touristen ist gestiegen, in die Höhe geschossen sind auch Immobilienpreise und Mieten, wie eine Studie der Hochschule Luzern zeigt.

Neue Hotels im gehobenen Segment, neue Ferienwohnungen und Villen, ein Konzertsaal, ein Golfplatz oder neue Skilifte und Pisten: Seit 2009 hat Andermatt sein Gesicht stark verändert. Abgeschlossen ist der Ausbau des früher stark vom Militär geprägten Orts noch nicht.

Immer mehr Touristinnen und Touristen übernachten in Andermatt: 2009 betrug die Anzahl Logiernächte 73'000, zehn Jahre später waren es über 129'000.

Hochschule Luzern

 

Studie «BESTandermatt»
Mit der Realisierung des Tourismusresorts verändert sich das Dorf Andermatt und die ganze Region massgeblich. Die kurz- und langfristigen Folgen des Grossprojektes auf die sozialen und wirtschaftlichen Strukturen der Standortgemeinde Andermatt sind schwer vorhersehbar. Die Departemente Soziale Arbeit und Wirtschaft der Hochschule Luzern haben zwischen 2009 und 2020 eine Langzeit- und Begleitstudie in vier Teilstudien durchgeführt. Jetzt liegen die Resultate der vierten Teilstudie vor. Darin hat das HSLU-Forschungsteam zwischen 2019 und 2020 die gesellschaftlichen und sozioökonomischen Auswirkungen des Resorts erforscht und darauf aufbauend Vorschläge für die Realisierung von Massnahmen formuliert. Das Projekt wurde durch das Staatssekretariat für Wirtschaft SECO, den Kanton Uri, die Gemeinde Andermatt sowie Forschungsmittel der Hochschule Luzern finanziert. Im Sommer 2021 wird im Rahmen der BESTandermatt-Studie ein Gesamtbericht veröffentlicht. 

Die Hochschule Luzern (HSLU) untersuchte in mehreren Studien die langfristigen Folgen des Tourismusprojekts. Am Freitag legte sie die vierte und letzte Teilstudie der Jahre 2019 und 2020 vor.

Optisch besteht Andermatt heute aus zwei Dörfern – der alte Kern, entlang der alten Gotthardstrasse und das neue Resort. Die Studie zeigt, dass dies nicht bei allen Einheimischen gut ankommt. Sie fürchten, dass es auch gesellschaftlich zwei Andermatt geben könnte, und sie sich nicht mehr zugehörig fühlen könnten.

Teurere Mieten
Für die Andermatter Bevölkerung ist namentlich das Wohnen teurer geworden. Gemäss der Studie sind seit 2010 die Mietzinse insgesamt um etwa 45 bis 50 Prozent in die Höhe geklettert. Eine Preissteigerung war vor allem ab 2017 feststellbar. Zum Vergleich: Im Urner Hauptort Altdorf stiegen die Mieten nur um 5 Prozent.

Starke Preissteigerungen gab es auch für das Wohneigentum. Die Preise für Einfamilienhäuser nahmen teilweise innerhalb von 14 Jahren um 500 Prozent zu, die Preise für Eigentumswohnungen um 200 Prozent.

Wer in Andermatt eine Wohnung mieten möchte, brauche ein grösseres Budget, erklärten die Studienverfasser. Sie führten dies darauf zurück, dass die Bevölkerung von Andermatt grösser geworden, das Angebot an Mietwohnungen aber nicht im gleichen Ausmass gewachsen sei.

Breiteres Angebot für Einheimische
Trotz der höheren Wohnkosten nahm die Bevölkerung von 2009 bis 2019 von 1260 auf 1410 zu, was einem Wachstum von elf Prozent in zehn Jahren entspricht. Im gleichen Zeitraum verdoppelten sich die Kantonssteuereinnahmen auf der Gemeindeebene.

Für die Tourismusbranche hat sich der Ausbau des Ferienorts gelohnt. Von 2009 bis 2019 kletterte die Zahl der jährlichen Logiernächte von 73'000 auf 129'000. Zudem gibt es in Andermatt ein breiteres Freizeit- und Kulturangebot, das auch die Einheimischen nutzen können.[RELATED]

Viele Einwohnerinnen und Einwohner blickten derweil auch positiv in die Zukunft und würden mehr Chancen als Nachteile sehen, die das Resort bringe, heisst es in der Studie. Ein Schlüssel für eine positive weitere Entwicklung sei, dass die Bevölkerung in diese integriert werden könne. (sda/htr/npa)