Das Netto-Null-Emissionsziel 2050 für Treibhausgase wollen der Bundesrat und auch die Initiantinnen und Initianten setzen. Werde es in der Verfassung verankert, schaffe dies frühzeitige Planungs- und Investitionssicherheit für die Wirtschaft und für Privatpersonen, schreibt der Bundesrat zum Entscheid vom Mittwoch.

«Ureigenes Interesse»
Bereits im Sommer 2019 setzte der Bundesrat das Jahr 2050 als Netto-Null-Ziel. Als Alpenland sei die Schweiz verletzlich. Sie habe deshalb ein «ureigenes Interesse» daran, den Klimawandel zu begrenzen. Gleichzeitig sei in der Schweiz die Ausgangslage gut, das Ziel zu erreichen, denn das Land sei innovations- und finanzstark.

Den direkten Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative, also eine Änderung der Bundesverfassung, hat der Bundesrat bereits im April in Auftrag gegeben. Denn namentlich das von der Initiative geforderte Verbot von Energien aus fossilen Quellen geht ihm zu weit.

In der Schweiz mache der Verbrauch von fossilen Energien drei Viertel der Emissionen aus, räumt der Bundesrat dabei zwar ein. Eine Abkehr von fossilen Energien sei unabdingbar, um das Klimaziel zu erreichen. Ein faktisches Verbot sei aber zu einschneidend und wegen der unsicheren technologischen Entwicklung auch unvernünftig.

Pflicht statt Verbot
Der Bundesrat will statt des Verbots deshalb eine Pflicht in die Verfassung schreiben, den Verbrauch von fossilen Treib- und Brennstoffen so weit zu vermindern wie dies technisch möglich und wirtschaftlich tragbar ist.

Auch der Sicherheit und dem Schutz der Menschen will er Rechnung tragen. Armee, Polizei oder Rettungsdienste sollen Benzin oder Diesel bei Bedarf nutzen können. Alternative Treibstoffe seien zurzeit nicht in genügender Menge und zu wirtschaftlich tragbaren Preisen verfügbar, schreibt der Bundesrat dazu.

Flexiblere Vorgaben will die Landesregierung auch bei der Kompensation des CO2-Ausstosses. Gemäss heutigen Einschätzungen liessen sich bis 2050 nicht alle Emissionen vermeiden, schreibt der Bundesrat und erwähnt dabei unter anderem die Verbrennung von Abfällen, Industrie und Landwirtschaft, aber auch die Luftfahrt.

Senken im Ausland zulassen
Im Gegensatz zur Initiative will er diese Emissionen aber nicht zwingend mit inländischen Senken – den Entzug von Treibhausgasen aus der Atmosphäre – kompensieren. Im Inland sei das Potenzial begrenzt, CO2 dauerhaft zu speichern. Er will deshalb auch Senken im Ausland als Ausgleich zulassen.

Den wirtschaftliche Aspekt will der Bundesrat im Auge behalten. In seinem Gegenvorschlag will er die Klimapolitik auf die Stärkung der Volkswirtschaft und auf Sozialverträglichkeit ausrichten.

Zudem sollen Randregionen und Berggebiete in der Klimapolitik berücksichtigt werden. Sie hätten in der Regel weniger gute Verbindungen mit öffentlichen Verkehrsmitteln, schreibt der Bundesrat dazu. Auch seien für sie die Voraussetzungen schlechter, sich beispielsweise an Fernwärmesystemen zu beteiligen.

0,3 Prozent des BIP
Theoretisch lässt sich mit den bekannten Technologien der CO2-Ausstoss aus fossilen Energien bis 2050 um etwa 95 Prozent reduzieren, wie der Bundesrat schreibt. Die Kosten der Umstellung würden gemäss einer provisorischen Modellrechnung im Zeitraum 2020 bis 2050 netto jährlich rund 0,3 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) betragen.

Der direkte Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative ist nach dem Entscheid des Bundesrates bis 2. Dezember in der Vernehmlassung. Die Initiative «Für ein gesundes Klima (Gletscher-Initiative)» wurde vom Verein Klimaschutz Schweiz eingereicht.

Das Initiativkomitee und der Verein begrüssten den Gegenvorschlag grundsätzlich. Die Initiantinnen und Initianten wollen nun aber die Unterschiede zwischen Initiativtext und Gegenvorschlag eingehend prüfen und danach eine Stellungnahme abgeben. (sda)