Das «offensichtlich unvollständig erläuterte Antragsformular» werde noch diese Woche angepasst, schreibt die Kantonsregierung in einer Mitteilung vom Freitag. Die Präsidentin des Wirteverbands Gastrobern, Eveline Neeracher, hatte vor ein paar Tagen in einem offenen Brief an den Regierungsrat geschrieben, die Kriterien für die Härtefallhilfe mache sie «traurig, deprimiert, aber auch wütend». Es werde nämlich kaum einen Betrieb geben, welcher die vom Kanton Bern definierten Kriterien erfüllen könne.

Dies, da als Bedingung für eine Hilfe nicht nur ein Umsatzrückgang von 40 Prozent gefordert werde. Darüber hinaus müsse noch die Kurzarbeitsentschädigung aufgerechnet werden, welche ausbezahlt worden sei. So lasse der Kanton Bern das Gewerbe «wissentlich sterben».

Bedingungen wurden angepasst
Die Kantonsregierung schreibt nun, die Kurzarbeitsentschädigung müsse nicht zum Umsatz aufgerechnet werden. «Somit werden personalintensive Unternehmen wie Gastronomiebetriebe nicht bereits aufgrund der hohen Personalkosten faktisch von den Härtefallmassnahmen ausgeschlossen.»

Zudem würde eine Aufrechnung der Kurzarbeitsentschädigungen aus Sicht des Regierungsrates falsche Anreize schaffen: Unternehmen, die in der Coronakrise Kurzarbeit beantragten, um ihr Personal zu behalten, würden gegenüber den Betrieben benachteiligt, die ihr Personal entliessen.

Gesetzliche Grundlage für eigenes Unterstützungsprogramm fehlt
Er habe «grosses Verständnis» für die schwierige Situation der Gastrobetriebe, beteuert der Regierungsrat auch. Im Unterschied beispielsweise zum Kanton Aargau fehle aber im Kanton Bern die gesetzliche Grundlage für ein eigenes Unterstützungsprogramm.

Das erlaube es dem Kanton Bern nicht, gegenüber den Vorgaben des Bunds Lockerungen vorzunehmen. Dies betreffe insbesondere die Bedingung, dass eine Umsatzeinbusse von 40 Prozent vorliegen muss.

208 Millionen stehen bereit
Die Berner Regierung verspricht in ihrer Antwort auf den offenen Brief von Neeracher auch, den Vollzug der Härtefallhilfe im Kanton Bern «so rasch wie möglich» anzupassen, falls der Bundesrat am 13.
Januar Lockerungen der Härtefallhilfe beschliesst. Der Bundesrat beauftragte im Dezember das Finanzdepartement, mit den Kantonen zu prüfen, ob die Voraussetzungen für den Bezug von Härtefallmassnahmen gelockert werden müssen.

Für die Härtefallhilfe im Kanton Bern stehen insgesamt 208 Millionen Franken zur Verfügung. Davon gehen 70 Millionen Franken zu Lasten des Kantons Bern. Der Regierungsrat rechnet mit mehreren Tausend Gesuchen. Der Kanton hat für die finanzielle Unterstützung zwei Programme aufgegleist. Unter dem Titel «Sofortunterstützung» können Firmen ab sofort nicht rückzahlbare Beiträge beantragen. Das zweite Programm unter dem Titel «Bürgschaften» wird bis spätestens Anfang März anlaufen. Ersteres richtet sich an Unternehmen mit einem Jahresumsatz von mindestens 100'000 Franken.

SP fordert Anpassung
Die SP des Kantons Bern forderte am Freitag die Kantonsregierung auf, die Härtefall-Regelung in Zusammenarbeit mit dem Bundesrat «umgehend anzupassen». Weiter müsse der Regierungsrat einen echten Lockdown beschliessen und gleichzeitig alle Betroffenen «fair entschädigen».

Die Sofortunterstützung sollte der Kanton Bern nach Auffassung der SP auch Unternehmen gewähren, welche einen Jahresumsatz von 50'000 Franken und mehr erzielen, also kleinen Unternehmen.

Gegen verlängerte Betriebsschliessungen und einen Lockdown ist laut einer Mitteilung vom Freitag die FDP des Kantons Bern. Schliesslich sinke die Zahl der Ansteckungen derzeit und die Schutzkonzepte wirkten. Sollte es dennoch zu weiteren Schliessungen kommen, brauche es eine Kompensation der Ertragsausfälle durch den Bund. (sda)