Berno Stoffel, der Bundesrat verzichtet auf eine Schliessung der Skigebiete. Ist jetzt aus Sicht der Bergbahnen alles gut?

Wir sind erleichtert, dass die Skigebiete weiterhin offen sein dürfen und dass es keine Einschränkungen über das ganze Skigebiet gibt. Die auferlegten Beschränkungen werden wir umsetzen und alles tun, damit die Sicherheit der Gäste so hoch wie möglich ist.

Die Kantone müssen jedoch durchgreifen, falls es die Lage erfordert – notfalls auch mit Skigebietsschliessungen. Gibt es da in Tourismuskantonen keine Zielkonflikte?

Wir sind uns einig, dass die Infektionszahlen möglichst tief sein müssen. Und einige Kantone haben schon jetzt sehr strenge Massnahmen erlassen – zuletzt Graubünden, um das Weihnachtsgeschäft nicht zu gefährden. Das Wallis griff bereits im November durch. Ich muss jedoch auch betonen, dass die Bergbahnen nicht der Auslöser für Infektionen sind – im Gegenteil: Aktivitäten in den Bergen sind sehr wichtig für die Gesundheit, besonders auch im Winter. Dieser Aspekt, wie auch die wirtschaftliche Bedeutung des Wintertourismus, ist den Bergkantonen sehr bewusst.

Sie vertrauen darauf, dass die Kantone die Interessen der Bevölkerung und der Bergbahnen unter einen Hut bringen?

Ja. Die Regionalverbände der Bergbahnen und die Kantone arbeiten schon seit Wochen sehr gut zusammen. Wir alle verfolgen die gleichen Ziele: die Gesundheit der Menschen zu garantieren, die Situation zu stabilisieren und zu verbessern sowie den Wintertourismus möglich zu machen.

Bilder von dichten Warteschlangen sorgten für Negativschlagzeilen. Wie stellen Sie sicher, dass die Corona-Regeln eingehalten werden?

Die seit Oktober bestehenden Schutzkonzepte werden vor Ort ständig angepasst. Die Wartezonen und -räume beim Eintritt ins Skigebiet sind sehr heikel, und nicht zuletzt diese Bilder haben den Handlungsbedarf aufgezeigt. Mit dem neuen Schutzkonzept haben wir die Massnahmen in diesem Bereich verschärft. Aber gleichzeitig müssen wir realistisch bleiben: Wenn ein Zug oder ein Bus im Skigebiet ankommt, dann kommt es zu Menschenansammlungen. Das ist auch in diesem Winter nicht zu vermeiden. Es handelt sich dabei jedoch immer nur um Momentaufnahmen von sehr kurzer Dauer, die zudem praktisch immer im Freien stattfinden. Ähnliche Ansammlungen sind auch im öffentlichen Verkehr oder an Flughäfen zu beobachten.

Schutzkonzepte sind nur so gut wie die Menschen, die sich daran halten beziehungsweise nicht daran halten. Noch mal: Wie wollen die Bergbahnen die Massnahmen durchsetzen?

Die Bergbahnen müssen laut Schutzkonzept Personen bereitstellen, die die Einhaltung der Massnahmen in den Wartezonen und beim Eintritt in die Gondeln überwachen. Wenn sich die Gäste nicht an die Weisungen des Personals halten, können sie vom Skigebiet verwiesen werden. Eine Zusammenarbeit zwischen Bergbahnpersonal und der Polizei ist sicher überall da notwendig, wo die längeren Warteschlangen sich auf die Strassen ausdehnen. In Destinationen mit bereits laufendem Betrieb funktioniert dies bisher sehr gut.

Die Wahrnehmung im Ausland ist eine andere. Fürchten Sie keinen Imageschaden für die Skidestination Schweiz?

Gemäss Schweiz Tourismus ist bis jetzt kein Imageschaden feststellbar. In dieser Pandemiezeit ist doch jedes Land sehr stark mit sich selbst beschäftigt, und die Vergleiche mit dem Ausland haben eine kleinere Bedeutung als sonst. Die Situation ist wirklich unterschiedlich in den verschiedenen Ländern. So kommen zwei Drittel der Bergbahngäste in der Schweiz aus der Schweiz, lediglich ein Drittel kommt aus dem Ausland. Der einheimische Anteil wird diesen Winter noch höher ausfallen. Ganz anders die Situation in Österreich: In Tirol machte der inländische Gast vorletzte Saison lediglich 6,6 Prozent aus. Genau deswegen ist es so wichtig, dass jedes Land seine eigene Politik macht.

Trotzdem: Das WEF wurde bereits nach Singapur verlegt – was ist, wenn die Schweiz auch in Zukunft für ihre Corona-Politik «abgestraft» wird, zum Beispiel bei der Vergabe von internationalen Sportveranstaltungen?

Es wäre vermessen, die Öffnung der Schweizer Berggebiete als Grund für die Verlegung des WEF heranzuziehen. Da sehe ich keinen kausalen Zusammenhang. Fakt ist: Die Infektionszahlen sind in ganz Europa höher als in Asien. Das dürfte der Grund für die WEF-Verlegung gewesen sein.

patrick timmann