Christian Gartmann, Berater in Krisenmanagement und Krisenkommunikation sowie Leiter der Taskforce Corona II im Engadin.

Die Meldung von zwei St. Moritzer 5-Sterne-Häusern unter Quarantäne ging in Rekordgeschwindigkeit um den Globus. «Ein PR-Super-GAU», urteilten die Tamedia-Zeitungen sofort. Etwas gar vorschnell, wie sich zeigte. Denn rasch sprach sich herum, dass die beiden Betriebe die Fälle nur deshalb so früh entdeckt hatten, weil sie ihr Personal Woche für Woche testen. Der enorme Aufwand, den die Hotellerie in ihre Schutzkonzepte investiert hat, bringt zwar kein Geld, aber er zahlt sich nun trotzdem aus.

Ein Corona-Ausbruch in einem Ort oder einem Betrieb ist zweifellos eine Krisensituation, die man niemandem wünscht. Die Frage, ob er langfristig einen Imageschaden hinterlässt, beantwortet sich aber nicht nach vier Stunden, sondern allenfalls nach vier Monaten. Dann wird klar, ob Vorbeugung und Management der Krise professionell und im Sinn der Gäste waren.

In St. Moritz haben die beiden Betriebe nicht nur mit den Gesundheitsbehörden kooperiert, sondern auch mit der Gemeinde und der regionalen Taskforce die interne und externe Kommunikation abgesprochen. Dabei ging es immer um transparente Information.

Versuche, die beiden Ansteckungsherde als unkontrollierten Ausbruch einer Killermutation aufzubauschen, liefen so ins Leere. «Informieren und erklären» lautet einer der wichtigen Grundsätze in der Krise.

Und ein weiterer Grundsatz bewährte sich einmal mehr: Modernes Krisenmanagement priorisiert seine Handlungen nach dem Grad der Betroffenheit von Menschen, nicht nach Titeln und Hierarchien. So wurden die Hoteliers ausführlicher und manchmal sogar früher informiert als Medien oder Politiker. Schliesslich hatten sie Gäste und Mitarbeitende, die alle verunsichert waren und nach Informationen suchten.

Das Management des Falls ist noch nicht abgeschlossen: Nach einem Flächentest in St. Moritz und einem Test des Hotelpersonals in Pontresina wurde auch in Celerina sämtliches Hotel- und Skischulpersonal getestet, um Gästen, Einheimischen und Mitarbeitenden die Sicherheit zu geben, dass das Oberengadin kein Corona-Herd ist.

Aber nichts ist so alt wie der Corona-Test von gestern: Regelmässige Tests sind das Mittel der Stunde, um Ansteckungen früh zu erkennen, die Infizierten zu isolieren und Betriebe vor dem Lockdown zu schützen. Einen Mitarbeitenden zu testen, kostet nur einen Bruchteil davon, ihn in die Kurzarbeit zu schicken. Es wird Zeit, dass der Bund Farbe bekennt und sie restlos finanziert.

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