Seitdem man in der Schweiz ohne Zertifikat nicht mehr ins Restaurant, ins Fitnesscenter oder ins Theater darf, sind Corona-Tests noch gefragter: In der letzten Augustwoche liessen sich hierzulande gut 190 000 Personen testen; letzte Woche waren es fast 250 000.

An den Teststationen bilden sich besonders freitags teils lange Schlangen. In einem städtischen Umfeld ist es trotzdem kaum je ein Problem, kurzfristig an einen Test zu kommen. Private Testzentren, Arztpraxen, Apotheken, Spitäler: Orte, wo man sich testen lassen kann, gibt es in der Regel zuhauf.

«Die Kapazitäten vor Ort sind beschränkt»
Anders in so manchem Ferienort. In Arosa beispielsweise weist man die Gäste darauf hin, den Testtermin frühzeitig zu vereinbaren. «Die Kapazitäten vor Ort sind beschränkt. Als Ausweichmöglichkeit bietet das Testzentrum in Chur ebenfalls Termine an», heisst es auf der Website von Arosa-Lenzerheide. Chur allerdings ist keinen Steinwurf, sondern über 200 Kurven oder eine Dreiviertelstunde mit dem Auto von Arosa entfernt.

Olma bietet günstige Tests dank Masse

Am Donnerstag hat die Olma, die grösste Publikumsmesse des Landes, ihre Tore geöffnet. Messebesucherinnen und -besucher, die weder geimpft noch genesen sind, können sich direkt vor Ort testen lassen. Und das zu einem vergünstigten Preis.

Die Olma rechne mit einem grossen Testvolumen und wolle eine unkomplizierte Lösung bieten, sagt Nico Canori, Sprecher der Genossenschaft Olma Messen St. Gallen. Wegen des grossen erwarteten Volumens hat der Testpartner seine Preise reduziert. Trotzdem wird der Eintritt teurer für alle, die einen Test brauchen. Welchen Einfluss das auf die Besucherzahlen habe, sei schwierig zu sagen, so Canori. Man rechne aber mit «etwas weniger Besucherinnen und Besuchern».

Durch den Informationsaustausch mit den Leistungsträgern seien die Gäste frühzeitig sensibilisiert gewesen, und die Testkapazitäten hätten bisher ausgereicht, sagt die stellvertretende Tourismusdirektorin von Arosa, Marion Schmitz. Trotzdem ist der Bündner Ferienort zurzeit in der finalen Planung für ein Testzentrum, das in Zusammenarbeit mit dem Spital Thusis zusätzliche Kapazitäten bringen wird.

Testcenter im Container auf dem Dorfplatz
Ähnlich wie in Arosa sah es bis vor kurzem in Grindelwald aus. Da die Testkapazitäten im Gletscherdorf beschränkt waren, verwiesen Hotels ihre Gäste ans Spital Interlaken – mit dem öffentlichen Verkehr dauert der Weg dorthin eine knappe Stunde.

Seit gut zwei Wochen allerdings bietet das Team der Coop-Vitality-Apotheke – auch auf Anregung der Gemeinde und lokaler Touristiker – in einem Container auf dem Dorfplatz zweimal wöchentlich Antigen-Schnelltests an. Wobei etwa die Hälfte der Getesteten Feriengäste und die andere Hälfte Einheimische sind, wie es auf Anfrage heisst.

Auch andere touristische Anbieter und Tourismusgemeinden haben die Initiative ergriffen und mitgeholfen, dass Testkapazitäten geschaffen werden. In Gstaad etwa wurde diese Woche ein öffentliches Testcenter auf gemeinsame Initiative der Gemeinde Saanen, Gstaad-Saanenland Tourismus und eines Laborservicebetreibers eingerichtet. Die Nachfrage sei «beträchtlich», und das Angebot werde «sehr geschätzt», sagt Marie-Line Michel, PR-Projektleiterin der Gstaad Marketing GmbH.

«Die Nachfrage ist beträchtlich, und das Angebot wird sehr geschätzt.»

Marie-Line Michel
PR-Projektleiterin Gstaad Marketing zu den Corona-Tests vor Ort

In Crans-Montana bietet das Casino in Zusammenarbeit mit der Summit Clinic jeden Freitag und Samstag Covid-Tests vor dem Casinoeingang an. Und die Gemeinde St. Moritz hat bereits im Sommer in Zusammenarbeit mit der Polyclinic St. Moritz AG Testdienstleistungen ausgebaut.

Die Testkapazitäten sind das eine. Eine andere Herausforderung – nicht nur für die Bergregionen, sondern für das Gastgewerbe insgesamt – sind die Kosten: Ab nächster Woche werden die Tests für die meisten symptomlosen Erwachsenen etwas kosten. Der Bundesrat blieb am Freitag hart und hielt an der Kostenpflicht fest – trotz Druck aus dem Parlament und aus Branchen wie dem Gastgewerbe.

Preise für Tests werden sinken
Für Nichtgeimpfte und Nichtgenesene wird damit ab nächster Woche der Barbesuch oder das Essen im Restaurant deutlich teurer, kosten doch Schnelltests derzeit fast 50 Franken. Bekanntlich sinkt mit steigenden Preisen die Nachfrage. Zwar deutet einiges darauf hin, dass die Preise fallen werden, sobald die Kunden den Test selber zahlen müssen. Die Firma Medica Care etwa wirbt bereits damit, ab nächster Woche Tests für 11 Franken anzubieten. Die Masse machts möglich.

In Bergregionen dürften vergleichbare Preise allerdings nur in Ausnahmefällen, zum Beispiel bei Grossanlässen, drinliegen. Zum Vergleich: Das Stadtberner Testzentrum von Medica Care bietet eine Kapazität von 1500 Tests pro Tag, sechs Tage die Woche, an, die Vitality-Apotheke in Grindelwald rund 50 Tests pro Tag an zwei Tagen die Woche.

Übernehmen Anbieter die Kosten der Gäste?
Werden Destinationen oder touristische Anbieter die Testkosten der Gäste teilweise oder ganz übernehmen – dem Umsatz zuliebe? Wir haben bei verschiedenen Organisationen nachgefragt. Alle winken ab – selbst in mondänen Ferienorten wie St. Moritz und Gstaad. In Gstaad sei es dem Vernehmen nach diskutiert worden, die Testkosten zu subventionieren, sagen Hoteliers. «Die Übernahme von Testkosten ist nicht vorgesehen», stellt jetzt aber Marie-Line Michel klar.

«In St. Moritz hat es zuerst danach ausgesehen, dass die Gemeinde anfangs die Testkosten übernehmen wird.»

Fabrizio D’Aloisio
Sprecher der Gemeinde St. Moritz

In St. Moritz habe es zuerst danach ausgesehen, dass die Gemeinde während einer Übergangsphase die Testkosten übernehmen werde, sagt ein Sprecher. Doch da der Bundesrat nun mit den Gratistests für Personen, die eine erste Impfdosis erhalten haben, selbst eine Übergangsphase geschaffen habe, sehe man davon ab. Schliesslich wolle man die Strategie der Landesregierung nicht torpedieren.

Ganz ohne öffentliche Gelder oder Garantien geht es dann doch nicht. Saanen hat mit dem Betreiber des Gstaader Testzentrums einen Vertrag abgeschlossen, in dem auch eine allfällige Defizitgarantie geregelt ist. Und auch in St. Moritz übernimmt die Gemeinde die nicht gedeckten Kosten für die Testinfrastruktur.

Zertifikatspflicht im Skigebiet

In Österreich gilt diesen Winter auf der Piste die Zertifikatspflicht. In Italien auch. Und in der Schweiz? Hierzulande debattiert die Seilbahnbranche diese Frage derzeit mit dem Bundesrat.

Denkbar sind grob gesagt zwei Lösungen. Entweder: Die Schweiz macht es wie letztes Jahr. Für Skigebiete gilt keine Zertifikatspflicht, dafür gibt es Auflagen wie Maskenpflicht und Kapazitätsbeschränkungen. Und ein Zertifikat braucht nur, wer ins Restaurant will. Oder: Auch die Schweiz führt in den Skigebieten eine Zertifikatspflicht ein. Im Gegenzug können die Bergbahnen auf weitere Schutzmassnahmen verzichten.

Stimmen aus der Branche lassen darauf schliessen, dass sich die Unternehmen nicht grundsätzlich gegen eine Zertifikatspflicht stemmen. Wenn es eine einheitliche und einfache Lösung gäbe, um die Zertifikate einmalig beim Eintritt ins Gebiet zu kontrollieren – beispielsweise beim (Online-)Erwerb des Billetts – und dafür alle anderen Schutzmassnahmen wegfielen, dürfte die Akzeptanz bei den Betreibern gross sein.

Positionieren will sich derzeit wegen der laufenden Verhandlungen allerdings noch kaum jemand, wie der «Tages-Anzeiger» in seiner Samstagsausgabe berichtete. Einzig das kleine Bündner Skigebiet Fideriser Heuberge hat bereits Ende August angekündigt, diesen Winter nur Gäste mit Zertifikat empfangen zu wollen.