Die Volksinitiative «Millionenerbschaften besteuern für unsere AHV (Erbschaftssteuerreform)» sieht vor, dass der Bund Erbschaften und Schenkungen mit 20 Prozent besteuert. Für Erbschaften gälte ein Freibetrag von 2 Millionen Franken, für Schenkungen einer von 20'000 Franken im Jahr.

Die Einnahmen kämen zu zwei Dritteln der AHV und zu einem Drittel den Kantonen zu Gute. Die neuen Regeln sollen rückwirkend ab 2012 gelten. Die meisten Industrieländer kennen eine Erbschaftssteuer. In der Schweiz besteuert der Bund heute Erbschaften nicht. Zwar erheben fast alle Kantone solche Steuern, doch sind direkte Nachkommen inzwischen fast überall von der Steuer befreit.

Rechte: willkürlich und wirtschaftsfeindlich
Ein bürgerliches Hauptargument gegen die Initiative war, dass das Einkommen durch die Einkommens-, die Vermögens- und schliesslich durch die Erbschaftssteuer dreifach besteuert würde. Mehrfach moniert wurde zudem, die Initiative verletze die Steuerhoheit der Kantone, und wenn schon müsste man gleichzeitig auch die Vermögenssteuer harmonisieren.

Angesichts der Lücken in der AHV wäre die Erbschaftssteuer «nur ein Tropfen auf den heissen Stein», kritisierten Bürgerliche. Zudem sei die Limite von zwei Millionen und das Nachlass-Prinzip willkürlich, da so ein Einzelkind zwei Millionen steuerfrei erben könne, aber auf zum Beispiel auf drei Erben verteilte 2,1 Millionen besteuert würden.

Laut Hans Egloff (SVP/ZH), Präsident des Hauseigentümerverbandes Schweiz, ist der Wert eines Hauses samt Land heute oft höher als die Limite. Man fördere generell Verschwendung, wenn man sparsame Eltern bestraft, sagte Jean-René Germanier (FDP/VS). Andrea Caroni (FDP/AR) sprach derweil von «fiskalischem Klassenkampf» und «Teilenteignung».

Die rückwirkende Anrechnung der Schenkungen und die noch offenen Fragen zur Unternehmensnachfolge würden die Rechtssicherheit gefährden, warnte Philipp Müller (FDP/AG). Die Initiative hetze die Bevölkerungsmehrheit gegen eine Minderheit auf, sagte Dominique de Buman (CVP/FR). Die Initiative betreffe nur zwei bis drei Prozent aller Erbschaften, hielt Louis Schelbert (Grüne/LU) fest.

Die Rechte warnte vor Schaden für die Wirtschaft. Trotz Sonderregeln – laut Initiativtext sollen besondere Ermässigungen gelten, wenn Betriebe von den Erben mindestens zehn Jahre weitergeführt werden – behindere die Initiative die Nachfolgeregelung, kritisierte Hansruedi Wandfluh (SVP/BE). Erben müssten für die Steuer der Firma Mittel entziehen; das gefährde Arbeitsplätze.

Linke: gerecht und nützlich für Allgemeinheit
Der Gesetzgeber, also die bürgerliche Mehrheit, könnte für KMU und Bauernbetriebe Freibeträge und tiefe Steuersätze selber festlegen, konterte die Linke. Den Kantone hätten ihre Erbschaftssteuern früher nicht geschadet; sie hätten diese nur wegen des Steuerwettbewerbs aufgeben müssen, sagte Susanne Leutenegger-Oberholzer (SP/BL). Der Föderalismus habe hier versagt, sagte Schelbert.

Für die Initiative plädierte die Linke mit der EVP vor allem mit Verweis auf die Gerechtigkeit: Erbschaften seien Vermögen, welche die Erbenden nicht selber erarbeitet haben. Die Konzentration der Vermögen nehme ständig zu. Heute sei in der Schweiz ein Prozent der Bevölkerung im Besitz von 49 Prozent des Vermögens, sagte Ada Marra (SP/VD).

Der «Trend zur Feudalisierung» sei eine Gefahr für den sozialen Zusammenhalt, sagte Leutenegger-Oberholzer weiter. Sozialer Frieden sei Voraussetzung für den Schweizer Wohlstand, sagte Corrado Pardini (SP/BE). Die Erbschaftssteuer entlaste die Erwerbstätigen, sagte Martina Munz (SP/SH); sie bedeute Solidarität unter den Älteren.

Die Rechte sei gegen die Initiative, weil mit Christoph Blocher «der Oligarch Nummer eins in der Schweiz» dagegen sei. Erben verleihen ohne Leistung Reichtum, Einfluss und Macht. Grosse liberale Ökonomen wie Milton Friedman befürworteten laut Leutenegger-Oberholzer eine Erbschaftssteuer.

Die Initiative beende eine Ungleichbehandlung von Erben, denn heute seien Alleinstehende ohne Kinder benachteiligt, sagte Leutenegger-Oberholzer. Rosmarie Quadranti (BDP/ZH) kritisierte hingegen, die Initiative begünstige nicht-verwandte Erben, die heute meist stark besteuert würden, ausgerechnet zulasten von Verwandten.

Bundesrat und Ständerat gegen Initiative
Der Bundesrat lehnt die Initiative ab. Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf warnte vor überzogenen Einnahmen-Hoffnungen. Just die offenen Vergünstigungen für Firmen und Bauern liessen dazu Fragen offen.

Balthasar Glättli (Grüne/ZH) hatte vorab beantragt, die Debatte im Nationalrat zur Erbschaftssteuer-Initiative um 22 Uhr zu vertagen, damit sie eine angemessene Öffentlichkeit finde. Dies wurde mit 144 gegen 16 Stimmen abgelehnt mit Verweis auf Dringlichkeit und knappe Sessionszeit.

Der Ständerat hatte das Volksbegehren in der Herbstsession – nach zusätzlichen Abklärungen zur rechtlichen Gültigkeit speziell wegen der Rückwirkungsklausel – zur Ablehnung empfohlen. In der grossen Kammer war die Gültigkeit nun nur noch am Rande ein Thema.

Die Volksinitiative war am 15. Februar 2013 eingereicht worden. Dahinter stehen die Parteien EVP, SP, Grüne und CSP sowie der Schweizerische Gewerkschaftsbund und die christliche Organisation Christnet. (sda/ad)