Kein Thema gibt in der Tourismusbranche derzeit so viel zu reden wie der starke Franken. Auch noch ein Jahr später, nachdem die Nationalbank am 15. Januar 2015 den Euro-Mindestkurs aufgehoben hatte. Doch es gilt, nach vorne zu schauen: Was können Hoteliers tun, um wieder mehr Logiernächte zu generieren? Was bringt ausländische Gäste dazu, in der Hochpreisinsel Schweiz Ferien zu machen?
Am diesjährigen Tourismusforum Solothurn waren sich am letzten Montag die meisten Branchenexperten der Podiumsrunde unter der Gesprächsleitung von Anita Panzer einig: Schweizer Hoteliers müssen innovativ und freundlich sein – wobei über das perfekte Mass an Freundlichkeit viel philosophiert wurde.
Martin Volkart, Delegierter Verwaltungsrat Genossenschaft Baseltor, warnte vor übertriebener Freundlichkeit. Wenn ihn morgens auf dem Weg zum Frühstücksbuffet bereits mehr als acht Hotelangestellte grüssen, kann ihm das zu viel werden. Eher wünscht er sich attraktivere und frechere Produkte. Man könne zum Beispiel in historischen Bauten, Stadthotels mit innovativen Lösungen kreieren. «Wir sind gefordert, in Nischen zu denken», sagte Volkart.
Thomas Allemann, Geschäftsleitungsmitglied von hotelleriesuisse, riet: «Der Hotelier muss vor allem authentisch sein und dem Gast das Gefühl geben, dass er willkommen ist.» Plus: «Die Erwartungen der Gäste müssen jeden Tag übertroffen werden.»
Im Bereich Freundlichkeit schneiden Schweizer Hotel-Betriebe in einem entsprechenden Ranking gut ab. Noch sympathischer seien die Österreicher. Solothurn erhält einen Platz «im oberen Mittelfeld».
Das richtige Angebot zum richtigen Preis
Für Daniel Siegenthalers, ehemaliger Direktor bei Ramada Hotel Solothurn (neu Hotel Bern), sind flexible Angebote erfolgbringend: «Der Gast sollte buchen können, was er möchte. Zum Beispiel eine Übernachtung ohne Frühstück.» Es brauche das richtige Angebot zum richtigen Preis. Weiter findet er wichtig, dass beispielsweise Hotelketten Einkäufe gemeinsam tätigen würden, um Kosten zu reduzieren.
Ein Tipp von Churs Tourismusdirektorin Leonie Liesch: «Hotels sollten nicht nur ihre eigenen Angebote verkaufen sondern auch die Region.» Kooperationen in der Branche seien essentiell für das Überleben der touristischen Betriebe.
Sich auf Märkte spezialisieren
Später in der Podiumsdiskussion kam Thomas Allemann auf die Hotels und ihre Spezialisierungen zu sprechen. Für ihn ist klar: «Hoteliers müssen sich überlegen, welche Märkte sie ansprechen wollen – und sich darauf spezialisieren.» Schnell sind auch die Chinesen ein Thema. Dieser Markt gewinnt für den Schweizer Tourismus laut Allemann laufend an Bedeutung. Während immer mehr Gäste aus den Nachbarländern der Schweiz den Rücken kehren, steigen die Logiernächste von Chinesen seit Jahren. 2014 wurde sogar die Millionengrenze geknackt. Laut Allemann zeigt sich bei den Gästen aus dem Reich der Mitte zudem ein klarer Trend weg vom Gruppengeschäft, die Dumpingpreise verursachen: «Schweizer Hotels sollten sich auf den Individualgast einstellen.»
Schweizer Gäste pflegen
In Zukunft sollen aber mit vielfältigen und qualitativ guten Angeboten nicht nur ausländische Gäste in die Schweiz gelockt werden. Ziel ist auch, weiterhin bei der Schweizer Kundschaft zu punkten. Zum Beispiel in Solothurn ist die Innlandnachfrage gross. «Wir haben ein kontinuierliches Wachstum festgestellt», sagte Esther Gassler, Regierungsrätin des Kantons Solothurn. Solothurn sei für Schweizer ein beliebter Seminar- und Kongress-Standort – und obendrein eine schöne Stadt. «Wir müssen schauen, dass nicht bald die ganze Schweiz bei uns logiert, denn dann hätten wir keinen Platz mehr», witzelte sie.
Nichts zu lachen, geben Fakten, auf die Thomas Allemann zu sprechen kam. Mehr als die Stadthotellerie hätten die Bergdestination unter dem starken Franken gelitten. «Bis zu 1500 Betriebe mussten in den letzten Jahren schliessen.» Vor allem kleinere private. Auch Leonie Liesch sprach über den markanten Rückgang der Logiernächte im Kanton Graubünden. Der Trend zu kürzeren Reisen setzt vor allem der Ferienhotellerie zu. Zum Strukturwandel gehören zudem fehlende Rentabilität, veraltete kleinbetriebliche Familienbetriebe, Nachfolgeprobleme und die Verlagerung der Herkunftsmärkte. Grosse Herausforderungen sind ausserdem Buchungsplattformen und alternative Beherbergungsformen.
Ein kritischer Blick auf Solothurn
Über «Zarte Bremsspuren» in der Stadt-Hotellerie sprach René Hohl, Präsident von Region Solothurn Tourismus, in seiner Begrüssung. Direktor Jürgen Hofer lieferte die Zahlen dazu: 2015 waren es 3, 8 Prozent weniger Übernachtungen. Die Gesamtsanierung der «Ramada»-Zimmer sorgte aber dafür, dass die Zahl der Übernachtungen nicht noch kleiner ausfiel. Esther Gassler und Stadtpräsident Kurt Fluri wollen für den Tourismus in Solothurn gute Rahmenbedingungen schaffen. Dazu gehört, «über das Sonntagsverbot nachzudenken», sagte Fluri.