Der zweite Mai des Jahres 2016 wird für den Reisekonzern Kuoni in die Annalen eingehen. An diesem Montag sind zwei Vertreter des schwedischen Beteiligungsunternehmens EQT in den Verwaltungsrat eingezogen und die Kuoni-und- Hugentobler-Stiftung, ein langjähriger Ankeraktionär des Reisekonzerns, ist in die Rolle des Juniorpartners geschlüpft.
Zudem wurden die Vinkulierung der Aktien und die Stimmrechtsbeschränkung aufgehoben, die jahrelang der Stiftung das Sagen bei Kuoni gesichert hatten.
Fundamentaler Wandel
Notwendig geworden waren all diese Änderungen aus Sicht des Managements und der Stiftung, weil sich der Reisemarkt beispielsweise mit dem Einzug des Internets und somit vermehrten Online-Buchungen komplett gewandelt hat. EQT und die Stiftung, deren Zweck der langfristige Erhalt der Kuoni Reise Holding ist, konzentrieren sich daher nach einer Lagebeurteilung nunmehr nur noch auf drei Dienstleistungsbereiche für die globale Reiseindustrie und für Regierungen.
Erstens bietet Kuoni seit Anfang 2015 spezielle Dienstleistungen wie Übernachtungen, Transfers oder Exkursionen für andere Reiseunternehmen an.Zweitens verkauft Kuoni fortan Gruppenreisen vorwiegend an asiatische Reiseveranstalter. Und drittens bearbeitet Kuoni im Auftrag von Regierungen bestimmte Visa-Anträge.
Alle anderen Geschäfte, wie das Reiseveranstaltergeschäft, die Reisebüros, den Onlinevertrieb, die indischen Reiseaktivitäten, die Fluggesellschaft Novair, ein Ferienressort auf Fuerteventura und selbst die Liegenschaft des Hauptsitzes «Neue Hard» in Zürich wurden verkauft.
Als Kernregionen nimmt das Unternehmen künftig vermehrt Asien, den Mittleren Osten sowie Afrika ins Visier.
Punktuelle Lichtblicke
In genau diesem strategischen Fokus sieht der schwedische Finanzinvestor guten Chancen für Wachstum in dem starken Verwerfungen unterworfenem Reisemarkt. So sollen alle drei Geschäftsbereiche unabhängig voneinander weiterentwickelt werden. Ohne zu konkret zu werden, schweben EQT beispielsweise der Ausbau des Visa-Geschäfts auf Studentenvisa vor. Auch Akquisitionen seien geplant.
Ob und gegebenenfalls bis wann nach der Übernahme des Reisekonzerns Kuoni durch die schwedische Beteiligungsgesellschaft ein erneuter Börsengang oder Teilbörsengang geplant ist, will in Zürich am Montag zwar niemand der anwesenden Manager oder Eigentümer verkünden.
Allerdings ist es normalerweise das Geschäftsmodell von Private-Equity-Gesellschaften, die Übernahmeobjekte nach einer Umstrukturierung wieder mit Gewinn zu verkaufen. Ein schneller Wiederausstieg von EQT, so heisst es aus der Stiftung, sei aber nicht zu befürchten, weil der Finanzinvestor einen langfristigen Anlagehorizont verfolgt, und es zwischen den Grossaktionären gewisse Vereinbarungen diesbezüglich gibt.
Damit zeigt sich, dass nach all den Jahren traditionelle Reisebüro- und Reiseveranstaltergeschäfte bis hin zur Gründung sowie zum Verkauf von Fluggesellschaften, am Montag tatsächlich eine neue Epoche für Kuoni begonnen hat. (sda/it)