Als Gastgeber stellen viele Hotels ihre Familienfreundlichkeit bei der Vermarktung in den Vordergrund. Die kleinen Gäste sollen ebenso verwöhnt werden wie die grossen. Der hoteleigene Kinderhort macht das vielerorts möglich. Doch wie steht es um die Betreuung der Kinder der Mitarbeitenden? Wer passt auf sie auf, wenn Papa abends in der Küche kocht und Mama an der Hotelréception arbeitet?

Die halbjährlich von HotellerieSuisse durchgeführte Umfrage zur Lageeinschätzung zeigt: Für über die Hälfte der Betriebe (52 Prozent) ist die Kinderbetreuung der Mitarbeitenden ein Thema. In städtischen Zonen fällt der Anteil mit 44 Prozent geringer aus als in alpinen Zonen (61 Prozent). Das vergleichsweise grössere Angebot an Kinderbetreuung rund um die Städte dürfte hierfür die Erklärung sein.

Die Berufstätigkeit beider Elternteile ist heute ein gesellschaftlicher Anspruch. Andreas Züllig, Hotelier und Präsident von HotellerieSuisse: «Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist für uns als Arbeitgeber ein wichtiger Faktor.» Ein zentrales Instrument, um dies zu gewährleisten und damit den Fachkräftemangel abzufedern, ist die familienergänzende Betreuung, beispielsweise die Kita. Was aber, wenn ein entsprechendes Angebot in der Region fehlt, zu teuer ist oder sich nicht an die branchenüblichen Arbeitszeiten hält? Die Hotellerie sieht sich gezwungen, selbst nach Lösungen zu suchen. Die einzelnen Betriebe sind, sofern möglich, durchaus proaktiv.

Angepasste Einsatzplanung und interner Kinderhort
Anpassungen bei der Einsatzplanung sind unumgänglich. Rund zwei Drittel der befragten Betriebe geben an, dass die Kinderbetreuung der Mitarbeitenden einen Einfluss auf die Einsatzplanung hat. Über die Hälfte sagt, dass daraus Personalengpässe entstanden sind. Auswirkungen auf Öffnungszeiten oder sogar Betriebsschliessungen scheinen zwar seltener, wurden aber ebenfalls als Folge genannt.

«Für uns entsteht durch die Kinderbetreuung der Mitarbeitenden ein sehr kleiner Mehraufwand.»

Nadja Vogel, Gastgeberin im Märchenhotel, Braunwald

Wer kann, bietet die Kinderbetreuung für Mitarbeitende intern an. Gerade für familien- und kinderfreundliche Hotels mit integriertem Kinderhort eignet sich dieser Weg. «Für unseren Betrieb entsteht durch die interne Kinderbetreuung der Mitarbeitenden ein sehr kleiner Mehraufwand, da wir bereits für die Kinder unserer Hotelgäste zwölf Stunden pro Tag betreuten Kindergarten anbieten», sagt beispielsweise Nadja Vogel, Gastgeberin im Märchenhotel Braunwald und Hotelière des Jahres 2021. Seit drei Jahren bietet die Glarnerin Mitarbeitenden die Kinderbetreuung in ihrem Hotel kostenlos an. Ein Angebot, das laut Nadja Vogel geschätzt und rege genutzt wird. Ähnlich klingt es bei den Sunstar Hotels, wo den Mitarbeitenden nebst der Kinderbetreuung sämtliche interne Dienstleistung zur Verfügung stehen. Kinderhort inklusive. Auch HotellerieSuisse-Präsident Andreas Züllig geht im «Schweizerhof» in Lenzerheide diesen Weg – bereits seit über dreissig Jahren: «Da der Kinderclub für unsere Hotelgäste sowieso von 9 bis 21 Uhr geöffnet ist, ergibt es Sinn, diese Dienstleistung auch unseren Mitarbeitenden anzubieten.»

Doch ist ein hoteleigener Kinderhort nicht überall möglich. So begrüssen denn auch rund die Hälfte der befragten Branchenvertreter verlängerte Kita-Öffnungszeiten. Etwa 40 Prozent der Betriebe geben an, grundsätzlich für eine Kita mit verlängerten Öffnungszeiten auch einen Beitrag an höhere Betreuungskosten leisten zu wollen.

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Die Frage ist insofern brisant, als die Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrates die Vorlage für die familienergänzende Kinderbetreuung soeben in die Vernehmlassung geschickt hat. Eines der Kernziele: Alle Eltern, die ihre Kinder familienextern betreuen lassen, sollen finanziell unterstützt werden. Hierfür soll ein Bundesbeitrag gesprochen werden, der mindestens 10 und höchstens 20 Prozent der durchschnittlichen Kosten eines familienergänzenden Betreuungsplatzes beträgt. Die Resultate der Vernehmlassung werden voraussichtlich gegen Ende Jahr geprüft und die definitive Fassung des Gesetzes zuhanden des Nationalrates verabschiedet.

«Eine deutliche Mitfinanzierung der familienergänzenden Betreuungsangebote durch den Staat ist unabdingbar.»

Franziska Roth, Präsidentin Kibesuisse

Verlängerte Kita-Öffnungszeiten müssen finanzierbar sein
Für Franziska Roth, Präsidentin des Verbands Kinderbetreuung Schweiz Kibesuisse, sollten «familienergänzende Bildungs- und Betreuungsangebote für alle zugänglich sein und die Elterntarife keine negativen Erwerbsanreize haben». Für Personen mit unregelmässigen Arbeitszeiten seien verlängerte Öffnungszeiten in Kitas ein möglicher Lösungsansatz. «Es wäre wünschenswert, dass bezüglich Zeitpunkt der Betreuung mehr Flexibilität bestehen könnte. Dazu braucht es aber eine bessere Angebotsfinanzierung. Eine deutliche Mitfinanzierung der familienergänzenden Bildungs- und Betreuungsangebote durch den Staat ist unabdingbar.»

Franziska Roth betont, dass bei der Ausgestaltung von Betreuungslösungen stets auch grosses Augenmerk auf dem Wohl der Kinder liegen müsse. «Es ist wichtig, dass sich Kinder auf ein stabiles Bezugssystem verlassen können. Inwieweit das in einem Hotel-Hort erfüllt ist, kann ich nicht beurteilen. Die Kindergruppen jedenfalls würden dabei ja täglich ändern.» Auch stelle sich die Frage nach dem pädagogischen Fachwissen der Betreuungspersonen von Kindern in Hotels. Falls kein Kita-Platz oder Hotel-Hort vorhanden ist, nennt Roth die Zusammenarbeit in einer Tagesfamilienstruktur als Alternative.

Nora Devenish