Trotz eines Rekordjahrs 2024 steht der Schweizer Tourismus vor richtungsweisenden Herausforderungen. Am Hospitality Summit sprachen Martin Nydegger, Direktor von Schweiz Tourismus, und Richard Kämpf, Leiter Tourismuspolitik beim Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco), über die Zukunft. 

Moderatorin Annina Campell stellte gleich zu Beginn die Frage, wie stark die geplanten Budgetkürzungen des Bundes die Tourismus­förderung treffen würden. Noch sind die Entscheide nicht gefallen, doch die Verunsicherung ist gross: Der Bundesrat will die Tourismusförderung ab 2028 im Rahmen des Entlastungspakets kürzen.

Was passiert, wenn die Bühne schrumpft
Konkret im Raum stehen 20 Prozent weniger Mittel für Schweiz Tourismus, eine Kürzung um ein Drittel bei Innotour und Einsparungen bei der Regionalpolitik. Laut Richard Kämpf ist das Seco derzeit daran, Szenarien für eine Priorisierung zu entwickeln – eingebettet in einen klar definierten politischen Fahrplan. Man werde gezwungen sein, «in der ganzen Tourismuspolitik schärfere Voraussetzungen anzuwenden», etwa bei der Digitalisierung oder im internationalen Marketing. «Wir müssen mit weniger Mitteln möglichst viel Wirkung erzielen – das wird anspruchsvoll.»

Martin Nydegger rief die Branche zur aktiven Einflussnahme auf: «Jetzt ist der Moment, sich bemerkbar zu machen». Er warnte vor den Folgen für die Sichtbarkeit des Tourismusstandorts Schweiz: Weniger Geld bedeute weniger Plattformen, auf denen sich Hotels, Bergbahnen und Destinationen international präsentieren könnten. Zudem könne man ohne Präsenz keine neuen Gäste gewinnen, obwohl der Wettbewerb weltweit wachse: «Resorts und Kreuzfahrtschiffe schiessen aus dem Boden – wir müssen mithalten».

Wir bauen die Bühne für den Tourismus. Wenn die Plattformen fehlen, verlieren auch die Hotels an Strahlkraft.
Martin Nydegger, Direktor von Schweiz Tourismus

Tourismusakzeptanz im Fokus
Ein weiteres zentrales Thema war die Belastung einzelner Orte durch zunehmenden Besucherdruck. Auch wenn die Zahlen gesamtschweizerisch stabil seien, so Nydegger, litten einige Destinationen an Spitzentagen unter Engpässen. Das Problem sei weniger flächendeckend als medial vermittelt. Dennoch wachse die Sensibilität in der Bevölkerung. Laut Kämpf ist Tourismusakzeptanz nicht mehr selbstverständlich: «Die Wahrnehmung des Tourismus verändert sich, darauf müssen wir reagieren».

Die Haltung der Einheimischen sei ein zentraler Erfolgsfaktor. Es gehe darum, Gäste besser zu lenken, Dialog zu führen und gezielt in lokale Strategien zu investieren. Projekte zur Besucherlenkung und zur besseren Verteilung der Nachfrage würden deshalb gezielt gefördert. Auch Fragen der Zweitwohnungen, der saisonalen Belastung und der Mobilität gehörten in diesen Kontext, so Kämpf. Nydegger sieht in der Diskussion um Overtourism auch eine Chance: «Wir haben 300 Destinationen und 1800 Attraktionen – aber immer wieder stehen dieselben fünf Orte im Fokus».

Das Potenzial der Vielfalt müsse konsequenter genutzt werden. Schweiz Tourismus arbeite bereits an Kampagnen, um weniger bekannte Regionen sichtbarer zu machen – «mit einem präzisen Blick auf Saison, Zielgruppe und Angebot». Trotz Spardruck und Strukturwandel bleibt die Zuversicht: Wer gezielt investiere und klug lenke, stärke nicht nur den Tourismus, sondern auch das Vertrauen in dessen gesellschaftlichen Wert.

Am Podium «Tourismusperspektiven: global – national – strategisch» traten folgende Experten auf: Martin Nydegger, Direktor Schweiz Tourismus, und Richard Kämpf, Leiter Tourismuspolitik beim Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco). Moderatorin war Annina Campell.