Paris, 2010. David Lebée erlebt es wieder und wieder: Gäste möchten ein Zimmer buchen, aber keine Übernachtung. Eines Tages meldet sich gar das Plattenlabel von Lenny Kravitz und wünscht ein Hotelzimmer für ein Interview. Lebée, inzwischen Ex-Hotelier, erkennt das neue Bedürfnis, schreitet zur Tat und gründet das Buchungsportal Dayuse. Es vermietet Hotelzimmer tagsüber – bis zu 75 Prozent günstiger als regulär und mit kostenloser Stornierung in letzter Minute.

2 Pioniere, 2 Konzepte
Byhours: Stundenpakete
Gäste buchen 3, 6 oder 24 Stunden und bezahlen für das gewählte Paket nach dem Pay-for-use-Prinzip.

Dayuse: Tageszeitfenster
Gebucht wird ein vom Hotel vorgegebenes Zeitfenster, zum Beispiel 9 bis 17 Uhr. Die Pauschale ist fix, unabhängig davon, wie viele Stunden der Aufenthalt effektiv dauert.

Byhours: Garantie für Hotels
Mit einer Buchungsgebühr per Kreditkarte garantiert Byhours die reservierten Microstays.

Dayuse: Diskretion und Flexibilität für Gäste
Reserviert wird ohne Kreditkarte – Barzahlung im Hotel möglich. Storniert werden kann bis kurz vor Antritt, und zwar kostenlos.

Barcelona, 2012. «Warum muss ein Hotelgast für eine ganze Nacht bezahlen, wenn er das Zimmer nur wenige Stunden braucht?», fragen sich Guillermo Gaspart und Christian Rodríguez. Sie lancieren das Start-up Byhours nach dem Prinzip «Pay per use» (Zahle, was du benutzt) – die erste und bisher einzige internationale Onlineplattform und App, die Microstays in Paketen zu 3, 6 oder 24 Stunden anbietet.

Schweiz, 2015. Reiseblogger Andreas Güntert rauft sich die Haare. Er versucht, ein Hotelzimmer in Berlin zu buchen, Check-in um neun Uhr morgens. Schliesslich zeigt sich ein Hotelier flexibel und offeriert ihm ein Zimmer für 100 Euro pauschal, zweimal Frühstück inklusive. «Schade, dass ich damals noch nichts von Byhours wusste, es wäre meine Rettung gewesen», schreibt Güntert 2016 in seinem Blog Internaut.

Verstärkte Nachfrage seit der Pandemie
Sieben Jahre später sprechen die Zahlen eine deutliche Sprache. Dayuse ist der weltweit führende Anbieter von Tageshotels mit 7500 Partnerbetrieben in 26 Ländern und einer Million Kundinnen und Kunden. In der Schweiz arbeitet das Unternehmen mit rund 200 Hotels zusammen. Gemäss Kommunikationschefin Déborah Laskart verzeichnete das Portal im Jahr 2022 über 23 000 Buchungen, 2021 waren es noch 18 000. «Seit Anfang 2023 beobachten wir erneut eine starke Buchungszunahme – hochgerechnet könnten es 30 Prozent mehr werden als im Vorjahr.»

2023 beobachten wir eine starke Buchungszunahme – hochgerechnet könnten es 30 Prozent mehr werden als im Vorjahr.
Déborah Laskart, Kommunikationschefin Dayuse

Bei Byhours stehen hierzulande 41 Hotels auf der Liste, 1948 Buchungen waren es in der Schweiz im Jahr 2022. Auch beim internationalen Pionierunternehmen zeigt die Kurve nach oben: Kürzlich eröffnete es seinen zweiten Geschäftssitz in Mexiko. «Weltweit stehen wir aktuell bei 4000 Hotels in 24 Ländern und über 290 000 Kunden», sagt Chief Marketing Officer Marco Herrera.

Andreas Güntert erstaunt das nicht: «Es hat wohl mit der veränderten Arbeitswelt zu tun, wie wir sie seit der Pandemie verstärkt sehen. Hybrides Arbeiten kann Hotels in die Hände spielen und ihnen – je nach Standort – ein neues Geschäftsmodell ermöglichen.» Dass die Pandemie für Dayuse ein Treiber war, bestätigt Déborah Laskart. «Wir haben einen deutlichen Anstieg bei lokalen Gästen registriert.»

Unkompliziert und kurzfristig buchen ohne Mehraufwand
Allerdings: Lediglich ein Fünftel der Dayuse-Buchungen ist Businessgästen geschuldet. Einen weiteren Fünftel machen Reisende aus. Der grösste Anteil, 60 Prozent, nutzt das Tageshotel mitsamt Infrastruktur wie Pool, Rooftop-Bar oder Fitnessraum in der Freizeit. Gemäss Laskart sind es überwiegend Gäste aus der Region. Anders präsentiert sich das Gästesegment bei Byhours: Dort buchen zur Hälfte Geschäftsleute, zu 35 Prozent Reisende, und für 15 Prozent gehören die Stunden im Hotel zum Lifestyle.

Seit der Pandemie haben sich die Tagesaufenthalte vervierfacht, befinden sich aber noch immer auf sehr tiefem Niveau.
Philipp Albrecht, Direktor Park Hotel Winterthur

Auf beiden Portalen finden sich nicht nur internationale Hotelketten ab drei Sternen in Ballungszentren. So bietet etwa das Park Hotel Winterthur seit einigen Jahren Tageszimmer an. Direktor Philipp Albrecht sieht Dayuse als weiteren unkomplizierten Kanal für kurzfristige Buchungen. «Seit der Pandemie haben sich die Tagesaufenthalte vervierfacht, befinden sich aber mit einem Prozent des Umsatzes noch immer auf sehr tiefem Niveau.» Der Aufwand sei gering: «Wir machen das nebenher.» Und obwohl Dayuse auf Diskretion setzt und weder für die Reservation noch fürs Bezahlen eine Kreditkarte verlangt wird, gab es bisher keine No-Shows.

Wenig aktives Marketing
Im Gegensatz zu den Longstays werden Microstays kaum aktiv von den Hotels selber beworben. «Dafür ist die Relevanz zu klein», begründet Petra Goetting, Commercial Director der Sorell Hotels Switzerland. Reiseblogger Andreas Güntert hingegen vermutet, dass diese Form noch immer leicht anrüchig wirkt und an «Stundenhotels» erinnern könnte. Ganz abwegig ist diese Annahme nicht. Im Parkhotel Winterthur gehört laut Philipp Albrecht die Mehrheit der Tagesgäste zum «Segment Schäferstündchen».

Franziska Hidber