Nachhaltigkeit ist im Schweizer Tourismus längst mehr als ein Lippenbekenntnis – und doch bleibt vieles herausfordernd. In der neuen Folge des Videocast «Hospitality Insight» erklärt Romy Bacher, Leiterin des Kompetenzzentrums Nachhaltigkeit beim Schweizer Tourismus-Verband STV, warum Swisstainable keine reine PR-Kampagne ist, wie sich Fortschritte messen lassen und weshalb auch kleine Betriebe nicht zurückbleiben dürfen.

Swisstainable sei bewusst als Bewegung konzipiert worden, betont Bacher: «Es geht um eine langfristige Entwicklung.» Dennoch spiele Kommunikation eine zentrale Rolle. Das Programm helfe den Betrieben, transparent zu zeigen, welche Massnahmen sie bereits umsetzen und unterstütze sie dabei mit gezieltem Marketing, Tools und Beratungsangeboten.

Messbare Fortschritte statt leere Versprechen
Aktuell beteiligen sich mehr als 2300 Betriebe an Swisstainable, ein wachsender Anteil davon mit anerkannten Nachhaltigkeitszertifikaten auf Level 2 oder 3. Ein Fünftel aller Teilnehmenden sei bereits in ein höheres Level gewechselt. «Das zeigt, dass Entwicklung stattfindet», so Bacher. Die Herausforderung bestehe darin, die vielen Datenquellen – von HotellerieSuisse bis zum Bundesamt für Statistik – zu konsolidieren und konkrete Kennzahlen abzuleiten. «Wir brauchen eine gemeinsame Sprache, um Nachhaltigkeit bewerten zu können.»

Kleine Betriebe nicht abhängen
Gerade für kleine Tourismusunternehmen sei der Aufwand oft gross: fehlende Zeit, unklare Datengrundlagen, mangelnde Ressourcen. Bacher verweist auf den niederschwelligen Einstieg bei Swisstainable und auf praktische Instrumente wie den Nachhaltigkeits-Check oder die Toolbox zur Kommunikation. «Wichtig ist, dass wir niemanden belehren, sondern motivieren und inspirieren.»

Greenwashing und Glaubwürdigkeit
Ein weiterer Aspekt: die Glaubwürdigkeit. Greenwashing sei eine reale Gefahr – und rechtlich heikel. «Wer behauptet, klimaneutral zu sein, muss das belegen können», stellt Bacher klar. Deshalb habe man gemeinsam mit Schweiz Tourismus eine Toolbox für Nachhaltigkeitskommunikation entwickelt. Diese soll helfen, Versprechen rechtlich korrekt und inhaltlich glaubwürdig zu formulieren.

Nachhaltigkeit ganzheitlich denken
Tourismus könne nur dann wirklich nachhaltig sein, wenn er alle drei Dimensionen – die ökologische, die ökonomische und soziale – gleichermassen berücksichtige. Romy Bacher nennt als Beispiel die Barrierefreiheit: «Ein Fünftel der Schweizer Bevölkerung lebt mit einer Beeinträchtigung. Diese Menschen verdienen Aufmerksamkeit – nicht nur auf sozialer, sondern auch auf wirtschaftlicher Ebene.»

Drei Hebel für mehr Wirkung
Zum Schluss nennt Bacher drei zentrale Handlungsfelder, in denen Hoteliers und Tourismusorganisationen ansetzen können:

  1. Foodwaste und Einkauf: Nachhaltige Beschaffung, regionale Produkte und der bewusste Umgang mit Lebensmitteln
  2. Attraktive Arbeitsbedingungen: Flexible Modelle und Weiterbildungen stärken die Arbeitgeberattraktivität
  3. Mobilität gestalten: Gäste und Mitarbeitende für klimafreundliche Anreise und Fortbewegung sensibilisieren.


Swisstainable ist nicht perfekt, aber ein Anfang. Für Bacher steht fest: «Wer langfristig im Tourismus bestehen will, kommt um das Thema Nachhaltigkeit nicht herum.» Der gesellschaftliche und wirtschaftliche Druck wachse. Und wer heute handelt, sei morgen klar im Vorteil – nicht nur beim Recruiting, sondern auch in der Gästekommunikation.