Wenn Sie Michael Smithuis suchen, finden Sie ihn nicht in seinem Büro. «Ich bin viel lieber im Hotel unterwegs, streife durch die öffentlichen Bereiche, beobachte und freue mich über Begegnungen mit den Gästen», so der General­direktor des Fairmont Le Montreux Palace. Wenn Sie gern früh aufstehen, begegnen Sie ihm vielleicht am Ufer des Genfersees beim Joggen, seinem Morgenritual. «Das ist ein guter Start in den Tag: Ich bleibe fit, bekomme den Kopf frei, und manchmal habe ich auch eine gute Idee.»

Michael Smithuis steht seit 23 Jahren an der Spitze eines der grössten 5-Sterne-Hotels der Schweiz und wurde gestern Abend in Zürich zum «Hotelier des Jahres» gekürt. «Damit habe ich überhaupt nicht gerechnet. Es ist mir eine Ehre und eine Freude, insbesondere weil diese Auszeichnung von meinen Kolleginnen und Kollegen aus der Schweizer Hotellerie vergeben wird.

Er kennt keine Routine
Der in den Niederlanden geborene und an der IHTTI Hotelfachschule in Neuenburg und an der Steigenberger Hotelfachschule ausgebildete Michael Smithuis richtet seine Karriere international aus. Er beginnt ganz unten auf der Karriereleiter: Nachtkellner, Zimmerservice, Küche, Kreuzfahrtschiffe. «Nach sieben Monaten F & B an Bord von Kreuzfahrtschiffen habe ich gesagt: Nie wieder Restauration!», meint er und lacht. «Und ich habe ein Praktikum am Empfang begonnen.» Seine Karriere führt ihn anschliessend nach London, Chicago, in den Oman, nach Singapur, Jakarta, Hamburg und Amsterdam. Er findet Gefallen an der Luxushotellerie und arbeitet für Intercontinental, Mandarin Oriental und Raffles. 2003 lässt er sich in Montreux nieder. 

«Ich habe mich hier noch nie gelangweilt. Unser Kundenstamm verändert sich ständig, wir kennen keine Routine. Das ‹Montreux Palace› bietet Raum für zahlreiche Topevents wie das Montreux Jazz Festival, für amerikanische Incentive-Gruppen, indische Hochzeiten und hochrangige politische Treffen wie die Syrien-Friedenskonferenzen oder den Frankophonie-Gipfel, an dem rund 30 Staatschefs teilnahmen. Im Sommer verwandelt sich das Hotel in ein Urlaubsziel, insbesondere für Gäste aus dem Mittleren Osten. Sonntags jedoch zieht der berühmte Brunch vor allem Besucherinnen und Besucher aus der Region an. «Wir begrüssen jeden Sonntag 350 bis 400 Personen, ein grosser Erfolg für das Hotel», so der Direktor. In Sachen Management erfordert diese Diversität viel Flexibilität und Aufgeschlossenheit. «Das ist die Grundlage der Hotellerie: Freude bereiten und sich anpassen. Eigentlich nicht sehr kompliziert.»  

Dieser vielseitige Kundenstamm ist eng mit der Infrastruktur des Hotels und seiner 15 Veranstaltungsräume verbunden. «Wir können bis zu 800 Personen zum Dinner oder zum Frühstück beherbergen und Cocktailempfänge für 1200 Personen organisieren. Wir übernehmen das Catering für das Schloss Chillon, das Kongress-zentrum 2m2c und das Chalet Claude Nobs. Wir sind in der Region vielerorts präsent. Das macht diesen Ort so speziell.»

Kontinuität trotz Veränderungen
Michael Smithuis, Präsident der Swiss Deluxe Hotels und regionaler Vizepräsident der Fairmont-Hotels – er beaufsichtigt auch die Hotels in Genf und Monte-Carlo –, ist nicht der Typ, der sich mit seinen Titeln und Erfolgen schmückt. Das ändert jedoch nichts daran, dass das «Montreux Palace» ein riesiger Apparat ist, der einen Umsatz von 45 Millionen Franken pro Jahr generiert. 35 bis 40 Prozent der Gäste sind Stammgäste. Neben den Zahlen unterstreicht der Hotelier die Kontinuität, die er erfolgreich sichergestellt hat, trotz fünf verschiedenen Eigentümern und drei Markenwechseln seit seinem Start: Swissôtel, Raffles und seit 2007 Fairmont, alle Mitglieder der Accor-­Gruppe. «Glücklicherweise hatten alle Eigentümer Lust, Investitionen zu tätigen, um das Produkt zu verbessern.» Der letzte grosse Renovationszyklus läuft derzeit und endet 2026. 

Sein grösster Stolz sind seine 210 Mitarbeitenden: «Trotz diesen Marken- und Eigentümerwechseln ist es uns gelungen, ein starkes Team zu formen. Unsere HR-Direktorin ist seit 18 Jahren bei uns, unsere leitende Hausdame seit 22 Jahren und unser Bankett-Butler seit 35 Jahren. Wir können auf diese wertvollen Stützen zählen und setzen zudem auf viele junge Menschen, Praktikantinnen und Praktikanten, die für Inspirationen sorgen und es uns ermöglichen, auf dem neuesten Stand zu bleiben. 

Michael Smithuis ist es ein wichtiges Anliegen, dass sich seine Mitarbeitenden entfalten können. Er selbst erinnert sich an einen seiner Mentoren, den Hotelier Ingo Peters, an dessen Seite er zunächst zwei Jahre im «Mandarin Oriental Jakarta» und anschliessend im «Vier Jahreszeiten» in Hamburg als Hotelmanager gearbeitet hat. «Er hat mir viele Ratschläge gegeben, mich unterstützt und angetrieben und mir gleichzeitig viel Freiraum gelassen. Ich versuche, dies mit meinen Mitarbeitenden genauso zu handhaben. Mehrere frühere Betriebsleiter führen heute ihr eigenes Hotel. Das ist normal. Ich habe das selbst erlebt, es ist normal, einen Karriereplan zu verfolgen, und es ist auch meine Aufgabe als Direktor, meinen Mitarbeitenden die Möglichkeit zur Weiterentwicklung zu bieten.» Während seiner internationalen Karriere hat er gelernt, eng mit den Gewerkschaften zusammenzuarbeiten. «Das hat sicherlich meine Fähigkeit, zuzuhören, und meine Aufgeschlossenheit gestärkt.» 

Die Hotellerie ist im Kern nicht kompliziert: Sie lässt sich folgendermassen zusammenfassen: Freude bereiten und sich anpassen.

Wandel gestalten, im Einklang mit dem Charakter des Hauses
Das «Montreux Palace» blickt auf eine mehr als hundertjährige Geschichte zurück und wurde zum Denkmal von nationaler Bedeutung erklärt. Michael Smithuis verbindet historisches Erbe und Innovation. Er hat die verschiedenen Renovationsarbeiten für das neue Spa mit einer Fläche von 2000 m², die 236 Zimmer und Suiten und die Fassaden begleitet und darauf geachtet, dass der Geist des Hotels erhalten bleibt. «Alles ist eine Frage der Vision. Es gilt, das Erbe des Hotels zu bewahren, aber das bedeutet nicht, dass man nichts verändern darf. Im Gegenteil, man muss mit der Zeit gehen, sich weiterentwickeln, innovativ sein, in die neuen Technologien investieren.» Ein Beispiel? Er hat den früheren Empfang in ein Eventatelier umgewandelt. «Ich habe das in London gesehen. Es handelt sich dabei um einen ruhigen, intimen Ort, in dem wir unsere Gäste empfangen und ihre Projekte besprechen. Wir dekorieren für sie zum Beispiel ihren Brauttisch und testen gemeinsam die Menüs in kleiner Runde.»

Jazz in den alten Mauern

Was diesen Ort jedoch so einzigartig macht, ist vermutlich seine enge Verbindung zum Montreux Jazz Festival, das jedes Jahr 250 000 Personen nach Montreux zieht. Michael Smithuis arbeitet eng mit dem Organisationsteam des Festivals zusammen und verwandelt das Hotel in eine Bastion des Jazz. «Wir haben das Montreux Jazz Café und die Funky Claude’s Bar gleich nebenan geschaffen und mit Erinnerungsstücken ausgestattet, die sich im Besitz von Claude Nobs befanden, wie dem Kimono von Freddie Mercury, Fotos und Videos von Konzerten des Festivals und aus den historischen Archiven von Montreux. Es wirkt wie ein kleines Museum.» 

Während dieser beiden Juliwochen durchlebt das Hotel eine vollständige Metamorphose. «Es herrscht ein aussergewöhnliches Ambiente. Viele Künstlerinnen und Künstler schlafen hier, Konzerte finden bei uns statt. All unsere öffentlichen Bereiche werden durch das Festival genutzt, sowohl im Innen- als auch im Aussenbereich.» Fragt man Michael Smithuis nach unvergesslichen Momenten, spricht er von «Freunden» und «Botschaftern» des Festivals wie Quincy Jones, den Jamsessions in der Funky Claude’s Bar oder dem Privatkonzert von Prince um 4 Uhr morgens in der grossen Halle des Hotels.   

Ruhe, Diskretion, Konstanz. Michael Smithuis prägt das Hotel in Montreux Tag für Tag und Jahr für Jahr mit Eleganz. Die 2023 gestarteten Renovationsarbeiten, die im kommenden Jahr abgeschlossen werden, hindern ihn nicht daran, sein nächstes Projekt zu planen: die Überarbeitung der Restaurationskonzepte. Zudem erhofft er sich viel vom neuen Kongresszentrum 2m2c, das nach dreijähriger Schliessung 2026 seine Türen wieder öffnen wird. 

Mit dem Fokus auf Servicequalität und Aufmerksamkeit gegenüber den Gästen verfolgen Michael Smithuis und seine Teams dasselbe Ziel: «Ihren Aufenthalt in Montreux unvergesslich werden zu lassen und Lust auf eine Rückkehr zu wecken.» Und wenn er einem jungen Hotelier einen Ratschlag geben sollte? «Bescheiden bleiben. Und den Menschen Freude bereiten. Ganz einfach.»