Aktuelle Daten zeigen: Seit 2015 hinken Mittelklassehotels in der Schweiz der Teuerung hinterher, während Luxushäuser profitieren und ein wachsendes Angebot den Druck erhöht.

Immobilien, insbesondere Hotels, gelten häufig als Paradebeispiel für Inflationsschutz. Flexible Tagespreise erlauben es theoretisch, gestiegene Kosten unmittelbar an die Gäste weiterzugeben. Doch in der Schweiz funktionierte dieser Mechanismus zuletzt nur teilweise.

Zwischen 2015 und 2024 stieg der Schweizer Konsumentenpreisindex kumuliert um rund 8,1 Prozent, was 0,87 Prozent pro Jahr entspricht. Laut Daten des Branchendienstleisters STR erzielten Schweizer Luxushotels im selben Zeitraum eine deutlich höhere jährliche Preissteigerung von etwa 2,7 Prozent – sie konnten die Inflation somit klar übertreffen. Economy-Häuser schafften mit knapp 1 Prozent immerhin den Inflationsausgleich. Die Mittelklasse erreichte hingegen nur einen jährlichen Preiszuwachs von 0,53 Prozent und verlor somit über 3 Prozentpunkte reale Kaufkraft.

In der Mittelklasse bremsen zum einen strukturelle Faktoren. In Zürich und Genf wuchs das Zimmerangebot zwischen 2019 und 2024 insgesamt um etwa 20 Prozent. Neue Häuser, oft im 4-Sterne-Bereich, verschärfen den Wettbewerb genau dort, wo die Margen ohnehin eng sind. Hinzu kommen ein starker Franken, die zähe Rückkehr internationaler Gruppen und Konferenzen sowie ein heimisches Publikum, das Preisaufschläge erst akzeptiert, wenn Qualität klar sichtbar wird.

Wer im Mittelklassesegment Preisstärke zeigen will, braucht mehr als flexible Tarife.

Wer im Mittelklassesegment künftig Preisstärke zeigen will, braucht mehr als flexible Tarife. Gefragt sind belegbare Verbesserungen bei Service und Zimmerstandard, smarte Gästetechnologien vom mobilen Check-in bis zum digitalen Concierge, konsequentes Revenue-Management und eine klare Marktpositionierung, etwa durch lokale Erlebnisangebote oder nachhaltige Betriebsweisen. Solche Schritte erfordern Talente, die analytisches Denken, digitales Fachwissen, echte Gastorientierung und vor allem unternehmerisches Denken verbinden – ein Kompetenzprofil, das an führenden Schweizer Hochschulen für Hospitality Management seit Jahren gezielt entwickelt wird.

Flexible Tarife bleiben zwar ein wichtiges Werkzeug, doch ohne spürbaren Mehrwert verliert selbst die beste Tagesrate an Durchschlagskraft. Luxushäuser beweisen, dass Investitionen in Exklusivität honoriert werden; Economy-Hotels zeigen, wie Effizienz und klare Preispositionierung schützen. Die Mittelklasse kann zu beiden aufschliessen, wenn sie das Beste aus beiden Welten übernimmt und ihr Leistungsversprechen sichtbar nach oben zieht.

René-Ojas Woltering ist Associate Professor an der EHL Hospitality Business School.